3000. So viele Filme wurden zum 50-jährigen Jubiläum des Dokumentarfilm-Festivals in Nyon eingereicht. 169 Filme aus 58 Ländern haben es ins Programm geschafft. Davon sind über die Hälfte Weltpremieren.
Einer der Höhepunkte am Visions du Réel ist Christian Labharts Doku-Essay «Passion – Zwischen Revolte und Resignation». Er läuft im internationalen Wettbewerb. Das ist interessant.
Christian Labharts Film hatte im Januar an den Solothurner Filmtagen für Furore gesorgt. Nicht wegen seines Inhalts, sondern weil er von den Filmtagen eine Absage erhielt.
Das hatte eine Debatte ausgelöst. Etablierten Filmemachern solle ein Platz in Solothurn gewährleistet werden, wurde gefordert. Die Gegner konterten, dass eine solche Garantie nur auf Kosten des Nachwuchses gegeben werden könne, was man nicht wolle.
«Kinski hat im Badezimmer alles kurz und klein geschlagen»
Weiter dürfen sich Liebhaber des Dokumentarfilms auf den renommierten Regisseur Werner Herzog freuen. Die 50. Ausgabe von Visions du Réel feiert sein künstlerisches Schaffen mit einer Retrospektive und überreicht dem deutschen Filmemacher einen Preis für sein Lebenswerk.
Werner Herzog ist ein bedeutender Akteur der internationalen Filmkunst. Er ist ein wichtiger Vertreter des «Neuen Deutschen Films» und dreht Dokumentarfilme wie auch Spielfilme. Legendär seine Zusammenarbeit mit dem deutschen Schauspieler Klaus Kinski. Denn Kinski rastete am Set regelmässig aus.
Trotz schlimmster verbaler Attacken des Mimen: Fünfmal arbeiteten sie zusammen. Über ihre Auseinandersetzung am Set dreht Werner Herzog 1990 sogar einen Dokumentarfilm mit dem ironischen Titel «Mein liebster Feind – Klaus Kinski».
Kinski und Herzog verband aber mehr als nur eine berufliche Zusammenarbeit. Als Werner Herzog 13 Jahre alt war, wohnte der 24-jährige Kinski in derselben Wohnung.
Schon damals fiel der deutsche Schauspieler mit seinen Wutausbrüchen auf, erzählt Herzog: «Ich hörte jede Nacht, wie er in seiner Tobsucht gegen die Wände schlug. Einmal hat er sich zwei Tage lang im Badezimmer eingeschlossen und alles kurz und klein geschlagen.»
Ehemalige Festivaldirektoren vor Ort
Zur Jubiläumsausgabe hat das Visions du Réel die ehemaligen künstlerischen Leiterinnen und Leiter gebeten, Filme auszuwählen, die sie geprägt haben. Auch die vergangenes Jahr verstorbene Erika de Hadeln war noch beteiligt. Die neun Werke werden in der Retrospektive «Cinquante» gezeigt.
Die Zukunft ist weiblich
Seit 2018 weht ein weiblicher Wind am internationalen Dokumentarfilm-Festival. Emilie Bujès hat vor einem Jahr die Leitung übernommen und legt grossen Wert auf viele Frauen in Nyon.
Dieses Jahr sind 72 Regisseurinnen mit ihren Filmen am Visions du Réel vertreten. Das bedeutet, dass 44 Prozent der Beiträge von Filmemacherinnen stammen – das ist Rekord und ein schönes Geschenk zum Jubiläum.
Das Visions du Réel findet vom 05.04.-13.04.19 in Nyon statt.