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Avatare im Schweizer Dok-Film – eine Premiere
Aus Digital vom 31.03.2023. Bild: SRF
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 41 Sekunden.
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Vom Game zum Film Avatare zum ersten Mal in einem Schweizer Dokumentarfilm

Der Zürcher Regisseur Samir setzt auf computergenerierte Figuren. Die Technologie dahinter wurde für Games entwickelt.

Die Schweiz in den 1960er-Jahren: Es herrscht Hochkonjunktur, es ist die Zeit der sogenannten Gastarbeiter, die Zeit der «Überfremdungsinitiative».

In seinem neusten Dokumentarfilm «Die wundersame Verwandlung der Arbeiterklasse in Ausländer» geht der Zürcher Regisseur Samir der Frage nach, wie die Immigration in dieser Zeit die Schweizer Arbeiterschaft veränderte.

Tradition und modernste Technik

Er setzt dabei auf die klassischen Mittel des Dokumentarfilms, auf Archivmaterial und Interviews. Er nutzt aber auch modernste digitale Technologie, um seine eigene Geschichte zu erzählen: Wie er als 9-Jähriger mit seiner Familie in die Schweiz kam, die Ablehnung und Diskriminierung, die er erlebte.

Bei der Arbeit.
Legende: Während der Aufnahme schaut der Regisseur in einen Bildschirm. ZVG

Dargestellt wird das Alter Ego des Regisseurs im Film durch fünf verschiedene computergenerierte Figuren. Für jede Altersstufe hat der Autor zusammen mit dem Game Designer Frédéric Hein von den Zürcher Blindflug Studios sein digitales Pendant entworfen.

Aus «Dreh» wird «Motion Capture»

Damit Bewegungen und Mimik dieser Avatare möglichst natürlich wirken, werden die Bewegungen eines echten Darstellers aufgezeichnet. Das Start-up «Quantum Stage» aus Winterthur hat sich auf «Motion Capture» spezialisiert und arbeitet vor allem mit Game-Firmen zusammen, seit kurzem auch mit Samir.

Auf einer 40 Quadratmeter grossen Bühne steht ein Mann in einem hautengen Anzug, der mit weissen Halbkugeln an Händen, Füssen und Fingern versehen ist. Hier werden die Bewegungen der Avatare aufgezeichnet. Zwölf Kameras im Raum verfolgen die Punkte, eine weitere Kamera ist direkt vor dem Gesicht des Darstellers angebracht.

Bei der Arbeit.
Legende: Regisseur Samir bespricht am Bildschirm eine Szene zusammen mit dem Darsteller. ZVG

Alle Daten werden in Echtzeit verarbeitet. So sieht der Regisseur schon während der Aufzeichnung die fertige Szene an einem Monitor: Ein Junge an einem Teich schaut einer Libelle nach, entdeckt einen Frosch und unterhält sich mit dem Tier, bis ein stinkender Lastwagen durch die Idylle rast; links und rechts schiessen plötzlich Hochhäuser aus dem Boden – der Bauboom der 1960er-Jahre.

Vom Game zum Film – und wieder zurück

Samir hat als Produzent des Films Chris the Swiss bereits Erfahrungen mit von Hand gezeichneten Animationen im Dokumentarfilm gesammelt, surrealistische, traumähnliche Bewegtbilder.

Bei der Arbeit.
Legende: Der Regisseur sieht immer in Echtzeit den Avatar in der virtuellen Umgebung. ZVG

Mit konventionellen Mitteln lassen sich solche Szene kaum realisieren, zu gross wäre der Aufwand. Die digitale Technologie sei zwar zehnmal billiger als die klassische Animation von Hand, doch auch die habe ihren Preis, meint Samir: Alleine der digitale Mantel, den der Avatar seines Vaters in einer Szene trägt, kostete 4000 Franken.

Doch hat man einen Gegenstand einmal erfasst, so kann man ihn beliebig weiterverwenden – nicht nur in einem Film. Die Software Unreal Engine, die im Schweizer Dokumentarfilm zur Anwendung kommt, wurde ursprünglich für Games entwickelt. Alle Figuren aus dem Dokumentarfilm lassen sich deshalb auch in einem Game verwenden.

Das Team.
Legende: Das ganz Team nach dem Dreh. ZVG

Das ist nicht bloss Theorie: Samir hat bereits konkrete Pläne für ein Game. Doch zuerst wolle er den Film fertigstellen, meint er: «Beim Film sind wir immer noch schneller als die Game-Entwicklung.»

SRF 3, 31.03.2023, 12:41 Uhr

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