Was wurde Til Schweiger vorgeworfen? Im Frühling dieses Jahres äusserten ehemalige Mitarbeitende von Til Schweiger in einem «Spiegel»-Artikel Vorwürfe: Am Set von «Manta, Manta – Zwoter Teil» soll er wiederholt betrunken gewesen sein und zudem einem Mann ins Gesicht geschlagen haben. Über 50 ehemalige Mitarbeitende haben damals mit dem Spiegel gesprochen und das Bild eines «Imperators» gezeichnet, der die Menschen am Set drangsaliere, bis die Crew «körperlich und psychisch am Ende» gewesen sei. Schweiger widersprach dem Gesagten, äusserte sich aber nicht ausführlich dazu.
Welche Folgen hatten die Vorwürfe? Die zuständige Produktionsfirma Constantin Film liess von einer unabhängigen Anwaltskanzlei ein externes Gutachten durchführen, für das 50 von 108 Set-Mitarbeitenden befragt wurden. Schweiger wurde als «grenzwertig, übergriffig und verletzend» bezeichnet, andere Stimmen beschrieben ihn wiederum als «wertschätzend» und «grosszügig». Einig sind sich die meisten Befragten, wenn es um Schweigers gesteigerten Alkoholkonsum geht. So musste ein Drehtag abgebrochen werden, da sich der Regisseur «nicht in einem drehfähigen Zustand befand».
Nun hat sich Schweiger erstmals geäussert. Was ist seine Message? In seinem ersten Interview seit den Vorwürfen äusserte sich Schweiger im «Stern» nun ausführlich. Er gesteht ein, ein Alkoholproblem zu haben und deswegen wiederholt die Kontrolle verloren zu haben. Er sei jetzt bei einem Psychiater in Therapie. Schweiger spricht von einem Lernprozess: «Meine Freunde haben mir schon früher gesagt, dass ich eine Art haben kann, die angsteinflössend wirkt. Das akzeptiere ich mittlerweile und arbeite an mir.» Auch die Handgreiflichkeit gibt er zu: «Ich habe ihm eine Ohrfeige gegeben, obwohl ich diesen Mann so unglaublich schätze und so gern habe! Mein Sohn ist dazwischengegangen und hat mich weggezogen. Auf den war ich dann auch noch sauer.»
Wie sind die Reaktionen? Die Reaktionen auf das Interview sind überwiegend positiv. Die detaillierten Schilderungen und Eingeständnisse machen seine Aussagen glaubwürdig. Schauspielerin Nora Tschirner, die auch schon mit Schweiger zusammenarbeitete, hat sich nach den Vorwürfen solidarisch mit den Betroffenen gezeigt. Nach dem neusten Interview von Schweiger zeigt sie sich jedoch erfreut und bezeichnet dessen Reaktion als «gross und beeindruckend».
Auch Produktionsfirmen wie Constantin Film dürften sich über das Interview gefreut haben. Denn Til Schweiger ist – gemessen an den Ticketverkäufen – einer der erfolgreichsten deutschen Filmemacher. Dieses öffentliche Reinwaschen Schweigers könnte ihm ein baldiges Comeback bescheren.
Ein Einzelfall – oder symptomatisch für die Branche? Dass ein externes Gutachten erstellt wurde, kann der Branche Hoffnung machen. Denn Missstände und Machtmissbrauch seien in der deutschen Filmbranche gemäss Tschirner ein «offenes Geheimnis» und der Fall Til Schweiger laut Filmproduzentin Nina Maag «nur die Spitze des Eisbergs eines toxischen Systems». Tschirner kritisierte noch im Frühling, dass die Anliegen der Betroffenen von den Verantwortlichen für «null und nichtig» erklärt werden. Bleibt zu hoffen, dass sich dies mit der Debatte um Til Schweiger und dessen Eingeständnissen langfristig ändert.