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Filmausschnitt aus «Play»: Einschüchterung in der Strassenbahn
Aus Kultur Extras vom 17.04.2013.
abspielen. Laufzeit 30 Sekunden.
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Film & Serien Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?

Rassismus ist ein Begriff, der gern inflationär gebraucht wird – von Politikern wie auch im Alltag. Doch wo beginnt Rassismus? Der Film «Play» spielt mit dem Klischee des gefährlichen, schwarzen Mannes und zeigt Weisse als Opfer ihrer Vorurteile.

Im Zentrum des Films steht eine Gruppe dunkelhäutiger Jugendlicher in Baggy-Pants und schwarzen Kapuzenpullis. Ihre Freizeit verbringt diese Bande damit jüngere, hellhäutige Jugendliche auszurauben. Dabei verwenden sie keine Gewalt und keine Drohungen, denn die dunkelhäutigen Jungs wissen: Allein ihr Äusseres versetzt ihre Opfer in Angst und Schrecken. Die Köpfe der weissen Jungs sind voller Stereotypen-Bilder, sie erinnern sich möglicherweise an die Erzählungen und Warnungen ihrer Eltern, an Filme, in denen die Schwarzen immer die Gangster und die gewalttätigen Drogenbosse spielen. Vor Angst gelähmt übergeben die Opfer folgsam ihre Telefone und Geldbeutel.

Von rassistischen Ängsten getrieben

Doch die materielle Bereicherung allein reicht den schwarzen Jungs nicht. Sie suchen einen anderen Kick: Macht. Sie wollen sehen, wie weit sie ihre von Vorurteilen und rassistischen Ängsten verfolgten Opfer treiben können, ohne  handgreiflich zu werden. Und verwickeln sie dabei in ein perfides Spiel: Sie fordern die weissen Jungs auf, um die Wette zu rennen und Liegestützen bis zur Erschöpfung zu machen, so lange, bis sie die vor Verzweiflung und Angst zitternden Opfer schliesslich gehen lassen – ganz leger, als hätte man bloss zusammen gespielt.

Ansicht von hinten: eine Gruppe von Jungen geht weg, einer guckt in die Kamera.
Legende: Rassistisch oder nicht? Der neueste Film von Ruben Östlund hat eine heftige Debatte in Schweden ausgelöst. Plattform Produktion

Mit den eigenen Vorurteilen konfrontiert

Ist solch eine cineastische Darstellung rassistisch? Nein, denn die dunkle Hautfarbe der Täter ist nur eine Variabel von vielen und gewiss nicht die Ursache für ihr Handeln.

In Schweden jedoch löste der Film «Play» eine heftige Debatte aus. Der Regisseur Ruben Östlund rechnete mit diesen Reaktionen und entgegnete, dass die Kritiker des Films mit ihren Vorurteilen konfrontiert würden.

Einfach und wirkungsvoll

«Play» ist von der Machart her ein stiller, unprätentiöser Film. Ruben Östlund inszeniert sein Werk wie eine Dokumentation: Die Bilder sind statisch, Naturgeräusche und vorbeifahrende Strassenbahnen untermalen den Film akustisch. Östlund verzichtet auf Musik.

Der Haupthandlungsstrang des Films wird von kurzen Episoden unterbrochen: eine scheinbar vergessene Krippe im Zug, eine Gruppe Strassenmusiker bei Mc Donald's. Die Aussage dieser Episoden ist teilweise nur zu erahnen und wenig substanziell.

Gegen die Klischees im Kopf

Bei «Play» ist der Zuschauer stiller Beobachter und strenger Schiedsrichter zugleich.  Auch wenn man versucht Distanz zu dem Geschehen auf der Leinwand zu halten, gestaltet sich eine Objektivität zunehmend schwierig, unverhofft wird der Beobachter in den Sog des Spiels hineingezogen.

Gegen Ende des über zweistündigen Films stellen die Eltern eines ausgeraubten und gedemütigten Jungen einen der Täter zur Rede und werden dabei handgreiflich. Die Zivilcourage einer hochschwangeren Frau kommt den wütenden Eltern in die Quere. Die Erzürnte prangert die Eltern an, einen hilflosen Immigrantenjungen anzugreifen, sie seien Rassisten sollten sich schämen. Auch diese Frau ist mit ihren Vorurteilen konfrontiert: Immigrantenjungen? Junge hätte wahrscheinlich auch gereicht.

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