James T. Kirk ist ein cooler Typ, keine Frage. So schnell bringt den Captain des Raumschiffs Enterprise nichts aus der Ruhe. Er handelt überlegt. Aber wenn es brenzlig wird, zückt er ohne Zögern den Phaser. Auch einem Faustkampf geht er nicht aus dem Weg.
Für seine Crew ist er ein väterlicher Chef, streng und liebevoll. Alten Weggefährten wie Spock ist er ein treuer Freund, der stets für ein tiefes Gespräch bei einer Partie 3D-Schach zu haben ist. Dann lässt «Jim» auch seinen spitzbübischen Charme aufblitzen.
«Star Trek», eine Rolle von vielen
Als William Shatner Ende der 1960er-Jahre erstmals in den bunten Enterprise-Pulli schlüpfte, war Kirk nur eine Rolle von vielen. Der Kanadier war zu dieser Zeit bereits ein umtriebiger Schauspieler in Film, Theater und TV. Er nahm fast jede Rolle an, spielte in Shakespeare-Stücken und trashigen Horror-Streifen.
Dass «Star Trek» seine Karriere für Jahrzehnte prägen würde, zeigte sich erst später. Die Serie war anfangs kein Erfolg. Nach drei Staffeln wurde sie wegen Zuschauermangel abgesetzt. Erst nachträglich wurde die Science-Fiction-Serie zum durchschlagenden Erfolg.
Mit der Zeit sind James T. Kirk und William Shatner eins geworden – der eine ist ohne den anderen nicht mehr denkbar. Den Enterprise-Captain spielte Shatner nach dem Ende der «Star Trek»-Serie nochmals in sieben Kinofilmen.
Erst gefloppt, dann frenetisch gefeiert
«Star Trek» fand eine wachsende fanatische Fangemeinde: die «Trekkies».
Shatner war irritiert von der Intensität, mit der die Fans sich für die Serie begeisterten. In einem TV-Sketch verspottete er 1986 seine Fans als jungfräuliche Spinner, die bei ihren Eltern im Keller leben.
Der Erfolg mit «Star Trek» ist für ihn zwiespältig – die übergrosse Figur des Captain Kirk droht immer wieder den Facettenreichtum von Shatners Schaffens zu verdecken.
In Kirks Schatten
Sein Werk ist grösser als das «Star Trek»-Universum. Als Schauspieler hat er in über 200 Produktionen mitgewirkt, darunter bekannte Rollen wie der Polizist T.J. Hooker aus der gleichnamigen 80er-Serie oder der Anwalt Denny Crane, den er in 100 Folgen der Serie «Boston Legal» spielte.
Daneben schreibt Shatner Romane und Drehbücher, ist Regisseur und Produzent. Ausserdem veröffentlicht er bis heute regelmässig Alben, auf denen er mit seiner sonoren Stimme eigentümliche Spoken-Word-Stücke zum Besten gibt.
Als Sänger verspottet
Meistens gibt Shatner auf diesen Aufnahmen bekannte Songs zum Besten. Er singt fast nie, sondern spricht die Texte in ernstem, zuweilen übertrieben dramatischem Ton. Dafür wird er gerne verspottet und parodiert – seine Interpretation von «Lucy in the Skies with Diamonds» wurde das schlechteste Beatles-Cover aller Zeiten geschimpft.
Dabei geht vergessen, welch sonderbare Schönheit einige seiner Songs entfalten – etwa jene, die er zusammen mit Ben Folds für das Album «Has Been» geschrieben hat.
Für immer der «Rocket Man»
So sehr sich Shatner immer wieder darum bemüht, das «Star Trek»-Korsett abzulegen, so sehr zieht es ihn immer wieder zum Weltall und zur Raumfahrt zurück.
Mit «TekWar» schuf er eine eigene Science-Fiction-Buchreihe, die als TV-Serie, Spielfilm, Comic und Computergame umgesetzt wurde. Auch als Musiker sehnt er sich immer wieder nach den unendlichen Weiten, wenn er Songs wie «Rocket Man» oder «Space Oddity» covert.
Noch immer schaut Shatner zu den Sternen. Wie viel von Kirk noch heute in ihm steckt, zeigte der Schauspieler vergangenes Jahr, als er sich in die freiwillige Corona-Quarantäne zurückzog. Im Logbuch-Stil berichtete er von seinen Abenteuern auf dem «Planeten Zuhause» und dem unbekannten «Territorium Unterbett» – als wäre die Quarantäne eine Exkursion ins All.
Den Tweet beendet Shatner natürlich mit «Kirk out». Fast 55 Jahre nach dem Jungfernflug der USS Enterprise sind Shatner und Kirk nämlich immer noch die gleiche Person. Ein ziemlich cooler Typ.