Der «Spiel des Jahres»-Pöppel ist begehrt. Die meisten Brettspiele werden verschenkt. Die Käufer kennen sich oft nicht sonderlich aus und greifen deshalb blind zu den ausgezeichneten Spielen. Entsprechend verkaufen sich ausgezeichnete Spiele bis zu fünfzigmal mehr. Ich habe die Gewinner und fast alle Nominierten gespielt.
«Spiel des Jahres»
Den «Spiel des Jahres»-Preis gewonnen hat «Kingdomino» . Das Ziel: eine möglichst wertvolle Landschaft um eine Burg herum auslegen. Wir ziehen dafür Karten, die wie Dominosteine aussehen. Statt zwei Zahlen sind aber zwei Landschaftstypen aufgedruckt. Die sollen wir nun möglichst zusammenhängend und wie in Tetris ordentlich zusammenlegen.
Toll dabei ist der Biet-Mechanismus, um an den nächsten Dominostein zu kommen: Welchen Stein wir jetzt auswählen, bestimmt die Reihenfolge der nächsten Ziehung. Wir müssen also immer abwägen, ob der schnelle Erfolg oder die bessere Ausgangslage in der nächsten Runde wichtiger sind. Die Regeln sind in wenigen Minuten erklärt, trotzdem hat das Spiel erstaunlich viel taktische Tiefe. Und es ist so zugänglich, dass ich keine Runde erlebt habe, der das Spiel nicht gefiel.
«Kingdomino» (Pegasus), 2 - 4 Spieler ab 8 Jahren, 15 - 30 Minuten, ca. 20 Franken. Kritik.
Mein persönlicher Favorit war «Magic Maze» . Das Spielprinzip ist aufregend, weil völlig neuartig. Wir sollen kooperativ vier Heldenfiguren durch ein Labyrinth lenken. Dabei dürfen alle Spieler jeweils nur in eine Richtung ziehen, müssen also gut zusammenarbeiten, um die Figuren an den richtigen Ort zu bugsieren. Und zwar nicht nur unter Zeitdruck, sondern ohne zu sprechen! Ein Spieltisch, der zwar hektisch, aber still ist: Das gibt es sonst nie.
Trotz dieser Einzigartigkeit ist «Magic Maze» zu kontrovers, um den Preis zu gewinnen. Es kann auf einzelne Personen einen starken Druck ausüben, wenn sie etwas langsamer sind als der Rest der Gruppe und damit alle aufhalten. Weil nicht geredet werden darf, kann niemand helfen. Ich habe Runden erlebt, in denen alle das Spiel geliebt haben – und solche, in denen Einzelne geschworen haben, das nie, nie wieder zu spielen. Ich würde es trotzdem empfehlen, aber nur für mutige, recht ausgeglichene und gut befreundete Spielgruppen.
«Magic Maze» (Pegasus), 1 - 8 Spieler ab 8 Jahren, 15 Minuten, ca. 35 Franken. Kritik.
Wettrennen machen immer Spass – besonders, wenn sie durch den Dschungel führen. «Wettlauf nach El Dorado» ist wunderbar ausbalanciert – in jedem Rennen, das ich gespielt habe, stand ein Sieger erst nach den letzten ein, zwei Zügen fest. Wir ziehen unsere Figur auf einen immer wieder neu zusammengestellten Parcours, indem wir Karten ausspielen. Oder wir verbessern unser Kartendeck, indem wir neue besorgen. Dank Spezialfähigkeiten der Karten führen ganz unterschiedliche Strategien ins Ziel. Um «Spiel des Jahres» zu gewinnen, ist es mechanisch aber etwas zu konventionell.
«Wettlauf nach El Dorado» (Ravensburger), 2 - 4 Spieler ab 10 Jahren, 30 - 60 Minuten, ca. 50 Franken.
«Kennerspiel des Jahres»
Ergänzend zum Hauptpreis «Spiel des Jahres» gibt es noch den Preis «Kennerspiel des Jahres», für Brettspielfreunde mit etwas mehr Spielerfahrung. Das nominierte «Terraforming Mars» habe ich nicht gespielt. Ich sass allerdings ein paar Mal neben einem Tisch, wo es gespielt wurde – in der Zeit, die sie für eine Runde gebraucht haben, haben wir drei Spiele durchprobiert. Also wohl nur für Leute mit viel Geduld und Freude an komplexen Spielen.
«Terraforming Mars» (Schwerkraft), 1 - 5 Spieler ab 12 Jahren, 90 - 120 Minuten, ca. 60 Franken. Kritik.
Auch «Räuber der Nordsee» ist komplex, aber nicht ganz so lang. Es ist ein sogenannten «Worker Placement»-Spiel: Wir setzen einen Wikinger auf ein bestimmtes Feld, wo er Proviant oder Waffen vorbereitet. Wenn wir dann losfahren und Festungen, Dörfer oder Klöster plündern, sammeln wir möglichst viele Punkte, um unseren Häuptling zu beeindrucken. Toll ist die neue Idee, in einem Zug nicht nur einen Wikinger zu setzen, sondern auch einen anderen wieder wegzunehmen. Das macht enorm dynamisch, welche Felder frei sind und wer welche Wikinger-Typen in der Hand hat. «Räuber der Nordsee» fühlt sich deshalb anders an als die meisten anderen «Worker Placement»-Spiele.
«Räuber der Nordsee» (Schwerkraft), 2 - 4 Spieler ab 14 Jahren, 60 - 80 Minuten, ca. 60 Franken.
Den «Kennerspiel des Jahres»-Preis gewonnen hat «EXIT – das Spiel» . Das ist eine Brettspielvariante der aktuell sehr beliebten «Escape Rooms». Wir müssen als Gruppe gemeinsam verschiedene Rätsel lösen, um aus einem Raum zu entkommen. Speziell: Wir können jedes Spiel nur einmal spielen. Denn um die Rätsel zu lösen, müssen wir Spielmaterial verschneiden oder bemalen. Zum Zeitpunkt der Preisvergabe waren drei verschiedene Rätsel erhältlich, inzwischen sind es sechs.
Toll ist das Spiel nicht nur, weil es Spass macht, gemeinsam zu rätseln. Sondern vor allem, weil diese Rätsel hervorragend designt sind: Sie wiederholen sich nie und erfordern oft, dass wir kreativ um die Ecke denken. Ein ausgeklügeltes Kartensystem verhindert, dass wir Fehler machen oder betrügen. Und wenn wir stecken bleiben, helfen uns clevere Tipps, weiterzukommen, ohne der Befriedigung beraubt zu werden, das Rätsel selber gelöst zu haben.
«EXIT – das Spiel» (Kosmos), 1 - 6 Spieler ab 12 Jahren, 45 - 90 Minuten, ca. 15 Franken pro Rätsel. Kritik.