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Game-Review In «ECHO» kämpfst du gegen deinen grössten Feind: dich selbst!

Echo ist ein Spiel, das von dir lernt. Wenn du rennst, dann rennen bald auch deine Gegner. Wenn du schiesst, so lernen sie auch das von dir. Darum gilt es sich genau zu überlegen, wie man sich durch dieses Spiel bewegt. Denn es ist gar nicht so einfach sich selbst zu besiegen.

Echo ist ein Schleich-Abenteuer-Spiel der besonderen Art: Wir verstecken uns vor uns selbst. Als Hauptfigur En schleichen wir auf leisen Sohlen durch ein gigantisches Labyrinth. Ein verlassener und intelligenter Palast, der die Fähigkeit besitzt Menschen aus dem Jenseits zurückzuholen.

En sitzt alleine auf einer Bank in der Raumstation und betrachtet das Universum.
Legende: I'm a big big girl In a big big world It's not a big big thing if you leave me... Screenshot, SRF Digital

Genau das ist unser Plan, denn auf dem Rücken tragen wir die Seele eines Verstorbenen. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg ─ im wahrsten Sinne des Wortes: Die Dimensionen dieses Palastes sind überwältigend. Stundenlang bewegen wir uns durch aufwendig designte Hallen, die trotzdem eigenartig leer wirken. Das ziellose spazieren stellt meine Geduld bald auf die Probe.

Echo lässt sich gerade am Anfang sehr viel Zeit. Diese lässt sich immerhin nutzen, um herauszufinden, was es mit diesem ominösen Palast auf sich hat. Ständig fällt der Strom aus, nur um wenige Sekunden später die Hallen wieder zu erleuchten, in denen abgesehen von uns niemand zu sehen ist. Uns gibt es dafür je länger je mehr in endlos vielen bösartigen Kopien, den sogenannten Echos.

Du bist dein grösster Feind

Der ganze Palast ist voller Echos, die unserer Hauptfigur En zum Verwechseln ähnlich sehen. Sie alle wollen nur das eine: Uns töten! Dagegen können wir uns natürlich wehren. Wie in jedem anderen Schleich-Abenteuer steht uns hierzu jede Menge Werkzeug zur Verfügung: Kopf runter und verstecken, ablenken, eine Glaskugel auf dem Kopf eines Gegners zerdeppern, ersticken, erschiessen,...

En kämpft sich durch den dunklen Palast.
Legende: Licht- und Dunkelphasen Der Palast hat immer wieder Stromausfälle. Screenshot, SRF Digital

Während man in jedem anderen Schleich-Spiel gut damit beraten ist, sich möglichst leise von Gegner zu Gegner zu bewegen, bevor man sie ins Jenseits befördert, muss man sich in Echo schon etwas mehr einfallen lassen. Die Game-Firma Ultra Ultra hat sich nämlich eine Handvoll Hitman Entwickler geschnappt, die für das kleine Indie Studio ein ganz eigenes Schleich-Abenteuer kreieren sollten.

Und das geht so: Der Palast, in dem wir nach neuem Leben suchen, hat Licht- und Dunkelphasen. Wenn das Licht an ist, merkt sich der Palast jede unserer Bewegungen. In den Dunkelphasen lädt er alle Informationen unserer Taten in die perfekten Kopien von uns und belebt sie gleichzeitig wieder. Wenn wir also über Tische springen, Türen öffnen oder Lift fahren, können das unsere Gegner schon im nächsten Lichtzyklus auch.

When the shit hits the fan...

Abgesehen von diesen Fähigkeiten sind die Echos ziemlich einfallslos. Sie lassen sich leicht austricksen und können sich jeweils nur an einen Lichtzyklus zurückerinnern. Weil es aber unzählige Echos gibt, die uns an die Wäsche wollen, enden meine gut durchdachten Pläne trotzdem immer wieder im Chaos.

En hat weisse kurze Haare und trägt einen schwarzen Exo-Anzug, genauso wie all ihre Gegner, die sie Echos nennt.
Legende: En und ein Echo Echo sind perfekte Kopien unserer Hauptfigur. Sie imitieren uns nicht nur optisch, sondern auch all unsere Handlungen. Screenshot SRF Digital

Wenn auch nur etwas schief läuft, dann läuft schnell gleich alles schief! Selbst wenn etwas gut läuft und ich mehrere Echos ausschalten kann, dauert es meist nicht lange, bis mir das gleiche Schicksal widerfährt. Erfolg und Bedauern lösen sich ab. Kaum habe ich alle Echos mit meiner Waffe ausgeschaltet, erwachen sie zu neuem Leben und erheben ihre Waffen gegen uns, darum werde ich je länger je mehr zur Pazifistin.

Und immer wenn ich glaube, einen guten Umgang mit den Echos gefunden zu haben, stellt mich dieses Spiel vor ein neues Level, in denen meine neu entdeckte Strategie nicht mehr funktioniert.

Originell, aber ...

Echo ist ein Spiel mit einer grossartigen Kernidee: Sich selbst als grössten Gegner zu bekämpfen. Dieses Konzept ist zwar nicht brandneu, hier aber konsequent durchgezogen.

En beugt sich über einen digitalen Avatar.
Legende: En auf ihrer Mission das Leben in ihren verstorbenen Freund zurückzubringen. Screenshot SRF Digital

Die Umsetzung ist dabei leider nicht ganz so gelungen. Die ersten Stunden ziehen sich in die Länge, das Storytelling lässt ebenfalls zu wünschen übrig und der Schluss kommt dafür mehr als abrupt. Dazwischen laufen wir durch die kilometerlangen Gänge des Palasts in denen immer wieder knifflige Aufgaben auf uns warten.

So bleibt Echo wohl ein Liebhaberspiel für Gamer, die sich gerne einmal selbst besiegen wollen und sich dabei nicht von einer kilometerlangen Reise abschrecken lassen.

ACHTUNG SPOILER: Im Let's Play Video weiter oben, werdet ihr Zeuge von den letzten zwei Stunden von Echo. Ganz am Ende folgt die finale Schlussszene, bei der auch deutlich wird, wie sehr das Storytelling zu wünschen übrig lässt.

ECHO ist im Oktober 2017 erschienen, kostet rund 25 Franken läuft auf Windows und der Playstation 4 und ist ab 16 Jahren freigegeben.

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