Kurz gesagt
Das hat uns gefallen:
- ... absurdes Storytelling und guter Humor.
- ... eigenwilliger Stil und guter Umgang mit der isometrischen Perspektive.
- ... das Katana! Und unzählige Schleichversuche.
Das hat uns nicht gefallen:
- ... Schusswaffen lassen sich nur mühsam handhaben.
- ... Hoher Schwierigkeitsgrad.
- ... viele !#`?@! frustrierende !#`?@! Levels !#`?@!
Wir sitzen entspannt in unserer kleinen Wohnung in Tokyo, als plötzlich das TV-Programm für eine wichtige Sondermeldung unterbrochen wird: «Ein Mörder wird gesucht, die Polizei steht bereits vor seiner Tür!». Es ist unsere Tür.
Also besser sofort die Flucht ergreifen! Wir tun es mit Hilfe eines Luftschiffes unseres Verbindungsmanns Tycho, dem wir erst einmal ins fliegende Gefährt kotzen. Tycho weiss zwar auch nicht, warum man ausgerechnet uns diesen Mord anlastet, aber immerhin hat er einen tollen Plan.
Der sieht so aus: Um herauszufinden was hinter den Beschuldigungen steckt, werden wir zum Attentäter und morden so lange, bis wir den Mann finden, der uns erklären kann, warum wir des Mordes bezichtigt werden.
Das klingt verrückt und abgedreht. Genau darum lassen wir uns auf diesen mörderischen Deal ein. Wir haben ja auch gar keine andere Wahl.
Kawaii oder Hölle
Schon finden wir uns in Mitten von Tokyo 42 wieder. Es ist ein Top-Down Action-Shooter, der seinen ganz eigenen Stil hat. Ein Stil der genau zwei Arten von Reaktionen hervorruft. Entweder: «Oh mein Gott! Kawaii – wie süss!», oder: «Wo zu Hölle sind wir denn hier gelandet?!»
Aus einer isometrischen Perspektive, die wir manuell um alle Achsen drehen können, wandern wir durch eine offene und kubische Stadt, die lediglich durch ein paar Gefahrenbereiche versperrt wird.
Insgesamt müssen wir 25 Hauptmissionen und 67 Nebenmissionen bestehen. Daran hat man lange zu knagen, vor allem da der Schwierigkeitsgrad rapide steigt.
Zu Beginn erledigen wir unsere Aufträge allerdings zügig und unsere Aufgaben sind abwechslungsreich. Wir werden mit allen Spielmechaniken vertraut gemacht, erledigen unsere ersten Auftragsmorde, klauen ein Motorrad und fangen eine Katze.
Doch dann steigert sich der Schwierigkeitsgrad schnell und spätestens, als wir durch den zweiten Gefahrenbereich müssen, wird es brenzlig.
Dort patrouillieren nämlich zahlreiche Wachen und wir müssen uns eine Taktik überlegen, wie wir unbeschadet ans Ziel gelangen. Das schöne daran ist: Es stehen immer mehrere Wege offen. Doch dieses Mal wird es nicht ausreichen, dass wir uns einfach gut tarnen – es werden Waffen zum Einsatz kommen.
Die Härte: Mit Granaten auf Strichmännchen werfen
Gleich ein ganzes Arsenal an Feuerwaffen steht zur Verfügung. Von Scharfschützengewehren über Pistolen bis hin zum Granatenwerfer kann man sich ausrüsten, um damit sprichwörtlich mit Kanonen auf Spatzen zu schiessen.
Alle Gegner sind, wie wir auch, lediglich Strichmännchen. Ein Treffer bedeutet immer das sofortige Aus. In anderen Spielen ist dieser Schwierigkeitsgrad eine von mehreren Möglichkeiten und wird oft als «Hard-Mode» bezeichnet. In Tokyo 42 ist es die einzige Gangart. Man muss sich also gut überlegen, ob man wirklich eine Feuerwaffe zücken will, denn sobald der erste Schuss fällt, oder man entdeckt wird, landet man in der Hölle – in der Kugel-Hölle!
Man würde denken, dass man mit etwas Strategie ans Ziel kommen kann: Erst den Scharfschützen am Dach ausschalten, dann sofort vom Balkon 30 Meter in die Tiefe springen, mit der Pistole die zwei Wachen bei der Tür erledigen und weiter in den nächsten Stock. Irgendwann muss es ja klappen. Aber wohl nicht bei diesem Versuch, denn soeben kam ein weiterer Gegner aus einem für uns unbezwingbaren Lift – na toll!
«Tokyo 42» hat unglaublich viel Frustpotential, da es keine Fehler verzeiht: Die Kugeln fliegen von überall her auf uns zu, das Strichmännchen läuft oft viel zu langsam und die isometrische Sicht erschwert unser Leben zusätzlich.
Wer schlecht positioniert ist, wird sofort erschossen. Darum muss man entweder richtig gut ausweichen und treffen, oder die Flucht ergreifen. Sobald wir unentdeckt sind, können wir uns umziehen und unerkannt zurück in den Gefahrenbereich kehren.
Einfach unfair!
Wer sich das Leben weniger stressig gestalten möchte, bleibt besser unentdeckt. Mit Hilfe eines Katanas kann man sich wie ein Ninja durch die Gefahrenbereiche bewegen.
Die Theorie dazu ist wiederum sehr einfach: Lautlos von hinten anschleichen, einmal Klinge wetzen und in der Hocke weiter schleichen – das ist eine erfolgversprechende Strategie.
Häufig fliegt man jedoch auch mit dieser Taktik auf. Man könnte jetzt sagen: «Tokyo 42» erzieht uns dazu, besser zu werden, in dem es uns immer wieder durch die gleichen Levels schickt. Für mich fühlt es sich allerdings oft sehr unfair an.
Meist entscheidet ein Millimeter über Leben oder Tod. Weil die Sicht oft nicht wirklich frei ist und die Steuerung ebenfalls ziemlich roh ausfällt – hat mir dieses Spiel trotz vielversprechendem Grundgerüst mehr Frust als Lust bereitet.
Vielversprechend absurd
«Tokyo 42» ist ganz schön schräg und das mit voller Absicht. Bereits das Intro verspricht ein Spiel voller Absurditäten. Wir töten, um unsere Unschuld in einem Mordfall zu beweisen und müssen dafür erst einmal den Yogalehrer während seines Trainings erschiessen, bevor wir uns aufmachen ins Nudistencamp.
Ja, das Setting klingt vielversprechend. Wer das ähnlich sieht, kommt in diesem Spiel voll auf seine Kosten, was den Humor betrifft. Voraussetzung ist aber, dass man es überhaupt schafft, sich die irrwitzigen Geschichten anzuhören, und nicht bereits vorher die Computermaus an die Wand geworfen hat.
Tokyo 42 ist Ende Mai auf Xbox One, Playstation 4 und Microsoft Windows erschienen und kostet rund 20 Franken.