Das hat uns gefallen:
- Eindrückliche Weltraumatmosphäre
- Offene Welt mit unendlich vielen Möglichkeiten
Das hat uns geärgert:
- frustrierendes Kampfsystem
- Wenig Innovation, dafür viel Abgekupfertes
«Guten Morgen, Morgan. Heute ist der 15. März 2032»: eine Computerstimme weckt uns und wir öffnen unsere Augen in einem schicken Appartement in einem Hochhaus. Erst einmal geniessen wir den Ausblick, checken unsere E-Mails, lassen uns dann von einem Helikopter auf dem Dach abholen und für ein paar Tests zur Arbeit fliegen. In der «Transstar Testing Facility» wartet schon unser Bruder Alex mit ein paar einleitenden Worten auf uns, bevor wir mit den Tests beginnen.
Nach ein paar persönlichen Fragen gibt es erste technische Probleme. Und schon greifen die Aliens an und die ganze schöne Fassade bricht wie ein Kartenhaus zusammen.
Vielversprechendes Setting
Denn in Wirklichkeit, so scheint es nun, gibt es keine Hochhäuser und auch keine Helikopter. Wir finden uns auf der «Talos 1» wieder – einer gigantischen Raumstation. Eine riesige neue Welt, die es nun zu erkunden gilt. In jeder Ecke könnte ein Hinweis darauf versteckt sein, was hier passiert ist und warum wir in einer Alltagssimulation im All gefangen waren. Unsere Aufgabe ist es, jeden Stein einzeln umzudrehen, in der Hoffnung auf Antworten zu stossen.
Mit über 700 Metern Spannweite ist die Talos nicht nur die grösste Raumstation aller Zeiten, sondern auch ein Irrgarten aus Kammern, Gängen und Räumen. Eigentlich können wir überall hin – doch in vielen Fällen müssen wir erst einen Weg finden, eine abgeschlossene Türe zu öffenen oder zu umgehen.
Und so stromern wir durch die Raumstation, die eine aussergewöhnlich bedrückende Stimmung vermittelt. Die Einsamkeit ist spürbar und vor allem auch hörbar, denn die Soundeffekte ergänzen die Weltraumstimmung perfekt. Doch auch für das Auge hat «Prey» einiges zu bieten. Die Grafik mag auf den ersten Blick vielleicht nicht überwältigen, doch die Details, die in jeder Ecke zu finden sind, erzählen ihre ganz eigenen Geschichten.
Hier ein Gedenkraum an John F. Kennedy, der seine versuchte Ermordung im Jahre 1963 überlebte und dafür später gemeinsam mit den Russen in Weltraumforschung investierte. Dort ein Kino mit alten Projektoren und Filmplakaten, die an bessere Zeiten erinnern. Die Details, die dieses Spiel versteckt hält und von vielen vielleicht nie entdeckt werden, sind beeindruckend.
Aus Schwächen Stärken machen
Zu Beginn besitzen wir nicht mehr als eine Rohrzange, um uns gegen die Aliens – die Typhons – zur Wehr zu setzen. Doch schon bald kommen weitere Waffen hinzu. Als erstes stolpern wir über die sogenannte Gloo-Gun. Eine Waffe, die eine Art Schnellhärte-Beton schiesst und somit nicht nur Gegner einfriert, sondern auch Treppen über mehrere Stockwerke hinweg bauen kann.
Die Gloo-Gun: Sinnbild für die unendlichen Möglichkeiten, die dieses Spiel bereit hält und auch ein erster Tipp für den Umgang mit den Typhons. Generell gilt: Erst einfrieren, dann ausschalten! Doch nicht alle Aliens lassen sich vom Schnellhärte-Beton beeindrucken.
Gegen manche Gegner ist man zu Beginn einfach machtlos: zu wenig Fähigkeiten, zu wenig Munition, zu wenig Kampferfahrung, zu viel Frust und kaum Erfolgserlebnisse. Gerade als wir lernen mit den Phantom-Typhonen, eine der ersten grösseren Aliensorten, umzugehen, da stellt uns «Prey» noch grössere Gegner vor die Nase und wir sind wieder machtlos wie zu Beginn.
Doch neben weiteren Waffen können wir bald auch übersinnliche Psi-Fähigkeiten gegen die Aliens einsetzen. Mithilfe unseres Psychoskop-Helms analysieren wir Gegner und schauen uns so bis zu zwanzig Alien-Fähigkeiten ab. Mit einem Werkzeug können wir die beobachtete Kraft direkt in unsere DNA einpflanzen. Doch wir sind auf einer Raumstation: Alles, aber auch wirklich alles, ist rar auf «Talos 1», darunter auch die sogenannten Neuromods, mit denen wir uns neue Fähigkeiten wortwörtlich ins Hirn schiessen.
Kreativität ist gefragt
Darum ist jeder kreative Lösungsansatz erlaubt, um nicht zu sagen erwünscht. Denn nur selten hat man für die verschlossene Tür den passenden Schlüssel zur Hand oder für den riesigen Typhon genug Munition im Magazin. Doch mit etwas Kreativität und Köpfchen findet man sicher bald einen anderen Weg, der zum selben Ziel führt.
Gewisse Zugänge lassen sich mit Spreng- oder Hebelkraft freiräumen oder einfach umgehen, indem man einen alternativen Eingang findet. «Prey» hält dir sozusagen alle Türen offen, deinen eigenen Weg zu gehen.
Dasselbe gilt für den Umgang mit den Alien-Typhons, von denen alle Varianten aus einer schwarzen, undefinierbaren Masse bestehen. Sie bewegen sich blitzschnell, einige von ihnen können sich sogar als Alltagsgegenstände tarnen.
Selbst auf der einfachsten Stufe sind die Aliens schwierig zu bezwingen. Manche scheinen anfangs schier unbesiegbar, weshalb man besser um sie herumschleicht oder ablenkt.
Denn kämpfen kann frustrierend sein – so frustrierend, dass wir gerne nach alternativen Routen Ausschau halten. Bis man sich eine effektive Taktik für die unterschiedlichen Alien-Typen zurechtgelegt hat, wird man das ein oder andere Mal das Zeitliche segnen.
Die (unendliche) Recycling-Party
Gewisse alternativen Routen haben es in sich: Manche Spieler haben die Grenzen des Möglichen dabei so weit ausgedehnt, dass sie «Prey» in unglaublichen 5 Minuten zu Ende gespielt haben. Um jedoch die ganze Geschichte zu geniessen, sollte man besser 20 bis 30 Stunden Spielzeit einkalkulieren. Schliesslich wollen wir auch sehen, wie sich unser Tun und Handeln auf das Spiel und das Ende auswirkt.
Es braucht also Kreativität, viel Heilung und Munition, um auf «Talos 1» zu überleben. Eine wichtige Spielmechanik hilft uns dabei: Jeder Gegenstand, den wir finden, von der Bananenschale im Mülleimer bis hin zu den Waffen, lässt sich recyceln und anschliessend zu neuen Gegenständen weiterverarbeiten.
In einer früheren Version von «Prey» liess sich das ausnutzen: Mit einem Cheat konnte ich im Recycler unendlich viel Ressourcen erzeugen. Mit genügend Munition im Magazin wird Prey zum Ballergame, weil das so von den Entwicklern offenbar nicht angedacht war wurde der Fehler mittlerweile behoben und wir müssen wieder sparsam mit unseren Ressourcen umgehen.
Von allem nur das Beste
Mit dem gleichnamigen «Prey» aus dem Jahr 2006 hat das neue Game – mal abgesehen von Aliens – nicht wirklich etwas gemeinsam. Dafür bedient sich «Prey» an Genre-Grössen wie « Bioshock» oder dem ebenfalls von Arkane entwickelten « Dishonored ». Hinzu kommen Horror-Survival Momente, die mich persönlich sehr an das gerade erst erschienene « Resident Evil 7 » erinnern und die Frage aufwerfen: Warum dürfen wir «Prey» eigentlich nicht auch in VR spielen?
«Prey» hat sich (abgesehen von der VR-Umsetzung) nur das Beste an Gamemechanik und Look abgeschaut. Leider fügen die Macher nicht wirklich neue Elemente hinzu. Nichtsdestoweniger erhalten Fans von «Bioshock», «Dishonored» oder «Resident Evil» ein solides Spiel mit umwerfender Atmosphäre, das zu neuen Abenteuern einlädt.
Prey ist für Playstation 4, Xbox One und Microsoft Windows erschienen und kostet rund 70 Franken.