Horrorfilme sind nichts für mich. Gruselige Geschichten und Gestalten verfolgen mich erst im Traum und in den Tagen danach im Keller beim Wäsche abhängen. Mein Leben lang dachte ich, ich sei zu soft für dieses Genre.
Doch «Resident Evil 7: Biohazard» hat mich eines Besseren belehrt. Das Survivor-Horror-Franchise definiert mit seinem neusten Ableger Horror neu – Virtual Reality und Gänsehaut-Atmosphäre sei dank: seit Neustem liebe ich es mich zu gruseln!
Der blanke Horror
In Horrorfilmen sind wir dem Schrecken so ausgeliefert, wie der Regisseur es will. In «Resident Evil 7» bin dagegen ich es, die die Direktion übernimmt.
Als Spielfigur Ethan schleiche ich mutig durch die gruselige und verlassene Plantagenvilla der Baker-Familie. Denn wie es scheint, haben die Bakers etwas mit dem Verschwinden meiner Frau Mia zu tun. Zumindest lässt das eine Videobotschaft vermuten, die wir nach drei langen Jahren Funkstille von unserer grossen Liebe erhalten. Obwohl Mia nicht will, dass wir sie suchen (was denken sich Frauen eigentlich bei solchen Videobotschaften?), sitzen wir kurze Zeit später im Auto in Richtung Absendeort der Botschaft, Dulvey in Louisiana.
So gut wie real
Der neuste Ableger der «Resident Evil»-Serie ist der erste, bei dem wir die Egoperspektive (sogenannte «Firstperson») einnehmen. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Das Spiel ist komplett mit Virtual-Reality-Brille spielbar. Ob man mit oder ohne Brille spielen will, ist uns aber jederzeit selbst überlassen.
Lasst euch einfach gesagt sein: «Resident Evil 7» ist nicht nur das bisher umfangreichste VR-Spiel, es ist meiner Meinung nach auch das Beste, was VR bis zum heutigen Tage zustande gebracht hat.
Zugegeben, das VR-Gefühl ist noch nicht perfekt. Von den Cutscenes, die wir lediglich wie auf einem Bildschirm vor uns sehen, über den Kabelsalat, der zwangsläufig um uns herum entsteht, bis hin zur Übelkeit, mit der man erst einmal zurechtkommen muss, gibt es zahlreiche Details zu beanstanden.
Doch wenn ich eines nicht will, dann jetzt die Besserwisserin spielen. Denn die Entwickler von Capcom haben Mut bewiesen, etwas Neues gewagt und dabei vieles richtig gemacht. Einiges am Game ist dank VR auch wirklich besser. Allem voran das immersive Gefühl, wirklich im Spiel zu sein. Und gewisse Dinge, wie beispielsweise das Zielen oder auch das sich Umsehen, werden mit VR-Brille sogar einfacher, weil wir es intuitiver machen können.
Zombies, aber anders
Nicht nur die Entscheidung war mutig, auf Virtual Reality zu setzen und damit auch auf die Egoperspektive (alte «Resident Evil»-Spiele zeichneten sich vor allem dadurch aus, dass die Kamera fix im Raum war), auch das gewählte Szenario könnte so manchen alten «Resident Evil»-Fan abschrecken. Denn wir kämpfen dieses Mal weder um Racoon City und auch nicht gegen den t-Virus, der alle zu blutrünstigen Zombies mutieren lässt.
Erst ganz zum Schluss des neuen Ablegers wird klar, inwiefern «Resident Evil 7» mit seinen Vorgängern verwandt ist. Bis dahin versuchen wir herauszufinden, was mit diesen Bakers los ist. Einer Zombie-Familie, die sehr zombie-untypisch auftritt, da sie sich beispielsweise ausgesprochen gut artikulieren kann, nicht einfach über den Haufen geschossen werden kann und bis an die Zähne bewaffnet ist.
Ein wirklich gut gewähltes Szenario, das grossartig inszeniert ist und mit gut getimten Schockmomenten bis zum Schluss spannend bleibt. Denn Gruseln steht im Vordergrund, nicht ballern. Und so ist «Resident Evil 7» ein Spiel, das weniger an klassische Zombie-Filme denn an einen Titel wie « The Texas Chainsaw Massacre » erinnert, mit starken Charakteren, fernab von 0815-Zombie-Geschichten, wo sich die Untoten an der Türe scharren.
Der K(r)ampf und die Rätsel
Während wir uns durch die Baker-Villa schleichen, finden wir diverse Gegenstände, welche sich zum Teil kombinieren lassen. Tipp: Sammelt immer alles auf, denn in einem Survival-Spiel ist allein schon des Genres wegen Knappheit angesagt.
Ausserdem gibt es verschiedene Rätsel zu lösen. Diese beschränken sich allerdings fast ausschliesslich darauf, dass wir irgendwie die nächste Tür aufschliessen müssen.
Ich bin nicht sicher, ob man so etwas wirklich Rätsel nennen darf – aber auch nicht, ob diese Kritik bei einem «Resident Evil»-Game wirklich relevant ist. Unstrittig mühsam fallen hingegen die Kämpfe aus, weil die Mechanik – speziell im Nahkampf – zu ungenau ist. Ja, ich weiss, ich wollte nicht motzen… aber das muss kurz gesagt sein.
Bitte mehr davon! Und schon mal Danke!
Während man bei Horrorfilmen in der Regel froh ist, wenn nach gut zwei Stunden der Abspann läuft, hält man es im Horrorspiel gerne länger aus. Nach exakt 12 Stunden Spielzeit holte mich der rettende Hubschrauber ab (gilt das schon als Spoiler?). Wem das immer noch nicht reicht, der kann sich nach dem ersten Durchgang erneut in die Plantagenvilla begeben.
Nochmal von vorne zu beginnen – das gehört bei «Resident Evil» fast schon zum guten Ton. Nicht nur, weil es mehrere Enden gibt. Nicht nur, weil man im zweiten Durchgang schon wesentlich besser informiert und somit effizienter ist. Sondern auch, weil man fürs erneute Durchzocken mit mehr Feuerkraft belohnt wird.
Und wer dann immer noch nicht genug hat, dem soll gesagt sein, dass dem Abspann von «Resident Evil 7» die Ankündigung voraus geht, dass schon im Frühjahr 2017 das erste DLC folgen wird. Ein weiterer Grund dafür, warum ich mich hüten werde auch nur ein weiteres böses Wort über dieses Spiel zu verlieren.
«Resident Evil 7» ist am 24. Januar erschienen. Das Spiel ist ab 18 Jahren freigegeben, erscheint für Microsoft Windows, Playstation 4 und Xbox One. Die VR-Version erscheint zeitexklusiv vorerst nur für Playstation VR.