«We get dirty, so the world stays clean»: Dieses Zitat von Captain Price, einer der Hauptfiguren der neuen «Modern Warfare»-Geschichte, bringt die fragwürdige Moral dieses Games auf den Punkt – wir machen uns die Finger schmutzig, damit ihr nicht müsst.
Vor 12 Jahren erschien «Call of Duty 4: Modern Warfare» und verschob den Schauplatz vom Zweiten Weltkrieg in die Gegenwart, mitten in den Krieg gegen den Terror. Das war so erfolgreich, dass sich unzählige andere Kriegsspiele ebenfalls mit den komplizierten Auswirkungen asymmetrischer Kriegsführung zu befassen begannen, mit einer Welt, die komplexer ist als zwei Heere, die auf einem Schlachtfeld aufeinander prallen.
Wunschvorstellung eines Krieges
Doch weil Schiessspiele ein Unterhaltungsmedium sind, erleben wir hier natürlich nicht echten Krieg, so oft die Entwickler auch von «Realismus» faseln mögen und wie viele ehemalige Soldaten sie auch als Berater beschäftigen. Wir bekommen immer eine geschönte Wunschvorstellung eines Krieges vorgesetzt.
So auch im neuen «Modern Warfare» – die Soldaten am Boden, die Figuren im Zentrum der Geschichte, sind immer offensichtlich gut und machen nie Fehler. Und sie treffen regelmässig Entscheidungen gegen den Willen ihrer Vorgesetzten – weil sie einfach besser wissen, was richtig und was falsch ist.
Übertriebene Ehrfurcht
Politiker, Geheimdienst-Bürokraten oder Generäle werden als Sesselfurzer karikiert, die entweder keine Ahnung davon haben, was am Boden wirklich vor sich geht, oder sich so sehr vom Geschehen distanziert haben, dass sie hinterhältige Entscheidungen fällen können, ohne mit der Wimper zu zucken. Dem wird das Idealbild eines guten Spezialsoldaten entgegen gesetzt, der die besondere Qualität hat, immer zu wissen, was richtig ist und was einfach getan werden muss. Und der bereit ist, seine persönliche Moral zu opfern für das Gemeinwohl.
Das ist natürlich genau das, was eine Armee im richtigen Leben nicht sein soll. Sie soll unter der Kontrolle der Zivilgesellschaft bleiben, und einzelne Soldaten sollen nicht einfach tun können, was sie wollen. Doch ein Game wie «Modern Warfare» erstarrt in Ehrfurcht vor den Profis, die ihr Leben aufs Spiel setzen – und verliert sich dabei in undemokratischen Niederungen.
Und dennoch unterhält es grossartig.
Die Einzelspieler-Kampagne, so dumm ihre Aussage auch sein mag, ist eine grossartige Schiessbude mit toller Dramaturgie und vielen Levels, die uns noch lange in Erinnerung bleiben werden. Beispielsweise das Chaos nach einem Anschlag am Piccadilly Circus; oder der Angriff bei Nacht auf ein Terroristen-Versteck in einem Vorort Londons.
Best of War on Terror
Wir werden durch ein eigentliches Best-of des Krieges gegen den Terror gehetzt: Die Anschläge in Paris, der Angriff auf die US-Botschaft in Bengasi oder der Überfall auf das Versteck Osama Bin Ladens werden zwar nicht direkt nachgespielt, doch das Game bezieht sich sehr deutlich auf sie.
Alles ist überhöht, spannend – und regt zum Nachdenken an. Und auch wenn sich das Game für gescheiter hält, als es ist – das ist eine Qualität, die kaum ein anderes Schiessspiel hat.
«Call of Duty Modern Warfare» ist für Playstation 4, Xbox One und Windows PC. Es ist ab 18.