Kein Kind mag Ärzte. Doch mit meinen Augenärzten hatte ich nie ein Problem. Was vermutlich den Stapeln von «Wo ist Walter»-Wimmelbilderbüchern zuzuschreiben ist, die im Wartezimmer meiner Augenärztin auflagen. Nun lässt das gamifizierte Wimmelbildbuch «Hidden Folks» diese Erinnerungen in mir wieder wach werden.
Wer sucht, der findet
Schlicht und dennoch unglaublich detailverliebt wirkt der Zeichenstil von Sylvain Tegroeg auf mich. Der französische Illustrator erzählt mit seinen schwarz-weissen Wimmelbildern die buntesten Geschichten.
Auf insgesamt 14 handgemalten Tafeln suchen wir nach versteckten Leuten und Gegenständen, die jeweils unten am Bildrand angezeigt werden.
Anders als im Klassiker «Wo ist Walter?», ist es nicht immer der gleiche Mann, der überall versteckt sein könnte. Wir müssen unterschiedliche Figuren suchen, die ihren eigenen Platz im Bild haben.
Der Bienenzüchter Barry hat beispielsweise Honig gestohlen und wird deshalb von Bienen terrorisiert. Folglich finden wir ihn irgendwo in der Nähe von Bienenstöcken – während das Monster Mo die ganze Gesellschaft lieber aus der Ferne betrachtet und somit eher ausserhalb des Geschehens zu finden ist.
Mit etwas Übung versteht man bald, auf welche Fährte «Hidden Folks» einen locken will. Und so sind die Charaktere wesentlich einfacher zu finden, als der planlos herumirrende Brillenträger namens Walter.
Mehr als nur ein Wimmelbild
Dennoch sind nicht alle versteckten Gegenstände und Menschen gleich zu sehen. Manche davon wollen entdeckt werden. Denn anders als in den statischen Bilderbüchern von früher, wurden Tergroegs Illustrationen von einem niederländischen Game-Designer animiert. Sie bewegen sich nicht nur, sie lassen sich auch von uns bewegen.
So muss man mit den Welten interagieren, um alle «Folks» zu finden: Hier eine Türe öffnen, dort einen Schatz ausgraben und weiter oben eine Wolke wegschieben. Über 200 verschiedene Mini-Interaktionen haben sich die Macher einfallen lassen, um den Wimmelbildern Leben einzuhauchen.
In jedem Fall reagiert das Wimmelbild auf unsere Klicks. Manchmal indem es den gesuchten Gegenstand enthüllt, manchmal indem irgendetwas anderes geschieht.
Und so oder so mit einem Soundeffekt der anderen Art: An die tausend kleine Geräusche haben die Entwickler dafür mit «ihrem eigenen Mund» produziert. Das Ergebnis liegt irgendwo zwischen absurd komisch, irrwitzig unterhaltend und nervtötend – je nach Stimmung und Geschmack.
Zum Ziit vertuble
Was mir besonders gefällt, ist das Abtauchen in die Szenen, die Tergroeg so spielerisch für uns geschaffen hat. Bereits zu Beginn jedes Levels werden uns ein paar Geschichten in den jeweiligen Suchbeschreibungen mitgegeben. Gerade genug, damit unsere Fantasie beflügelt wird, mit den thematischen Eckpunkten, die dieses Wimmelbild abdeckt.
In «Hidden Folks» wird weder die Zeit gestoppt, noch werden Punkte gezählt. Man muss nicht einmal alle Gegenstände des jeweiligen Wimmelbildes gefunden haben, um das nächste Level freizuschalten.
Es geht einzig darum, sich mit den Wimmelbildern die Zeit zu vertreiben. Und genau das macht «Hidden Folks» richtig gut – auch wenn man leider nicht allzu viel Zeit damit vertublen kann. Nach ein paar Stunden ist man mit den aktuellen 14 grossen und kleinen Wimmelbildern durch. Drei weitere sollen schon bald folgen.
«Hidden Folks» kostet rund 5 Franken und ist erhältlich für iPhone und iPad oder Windows, Mac und Linux.