Plötzlich tauchte Christopher Lee wieder in den Alpträumen der heutigen Kids auf, wie damals in den 1960-Jahren. Die Meister des postmodernen Massenkinos hatten den düsteren Helden ihrer Kindheit in die Gegenwart geholt: Regisseur George Lucas machte den hochgewachsenen Briten in der Rolle von Count Dooku zu einem Teil seiner Star-Wars-Franchise, Peter Jackson besetzte den mittlerweile fast 80-Jährigen als bösen Zauberer Saruman in seinem Lord-of-the-Rings-Spektakel.
In rund 280 Filmen hat Christopher Lee mitgespielt. Die Übersicht hatte er längst verloren, als ich ihn 2003 in Zürich traf. Ich war ein wenig nervös. Da war einerseits seine von unzähligen Bösewicht-Rollen geprägte Ausstrahlung. Dann ein etwas gemischter Ruf, den er sich bei den britischen Filmjournalisten-Kollegen erarbeitet hatte. Und schliesslich der Umstand, dass ich mich bis heute nicht entscheiden kann, ob er als Schauspieler tatsächlich etwas taugt, oder ob er nicht eher einfach seine majestätisch-düstere Erscheinung perfekt zu inszenieren wusste.
Vielsprachig, vielbereist und verärgert
Die Begegnung war faszinierend und überraschend zugleich. Einerseits sah ich mich einem Mann gegenüber, der mit einer an Humorlosigkeit grenzenden Ernsthaftigkeit über seine Karriere zu reden wusste. Andererseits hatte er seinen Auftritt im Rahmen seiner Tätigkeit als Unicef-Botschafter. Christopher Lee erwies sich als ungemein belesen, vielsprachig und vielgereist.
Schliesslich hatte er – mit über 80 Jahren – auch noch konservativ-britische Züge aufzuweisen: Christopher Lee schimpfte über das «moderne Kino», das sich nur noch an 18-Jährige richte und viel zu viel Sex und nackte Haut zeige. Damit überraschte mich der Vorzeige-Fiesling, der selber bei zahlreichen 1970er-Jahre-Kommerzproduktionen mitgespielt hatte.
Das Treffen mit Christopher Lee ist nun bereits 13 Jahre her. Vor einem Jahr, am 7. Juni 2015, ist er in London 93-jährig gestorben.