Wer die malische Hauptstadt entlang der «Route de Koulikoro» durchquert, erlebt eine Flut von Eindrücken, die wechselvoller nicht sein könnten. Die Ausläufer des Marktes zuerst, die vielen Stände, darunter auch die Auslagen der Féticheurs, der traditionellen Heiler, mit ihren Klauen, Zähnen, Wedeln, die alle gut sein sollen für die eine oder andere Krankheit.
Dann, linker Hand, das Quartier Medina Koura, mit den sauber gepflasterten Strassen, den kleinen Läden, mit ganzen Familien, die abends unter grossen Bäumen am Strassenrand sitzen. Etwas weiter vorne das ausnehmend schöne Restaurant Santoro, mit dem schönen Innenhof, den Kunstgegenständen aus allen Ecken des Landes.
Karren und Knarren
Der Verkehr rollt, hupend, chaotisch, manchmal fährt ein Zug mitten durch die Menschen, die unterwegs sind, mitten durch die Auslagen der fliegenden Händler. Viele Menschen, die hier unterwegs sind, Eselskarren, Handkarren.
Dann kommen die Restaurants der Libanesen, der Hotspot der Touristen und der Animierdamen, etwas zurückgesetzt die Pferderennbahn, auf der sonntags Rennen stattfinden. Und dann kommt die Strasse mit den Nachtklubs, den Bars.
Hier, in dieser Strasse, ereignete sich im März 2015 der erste Anschlag, er richtete sich gegen die Besucher der Bar «La Terrasse». Dann, im November, der Anschlag auf das Hotel «Radisson». Es gab viele Tote, und im März 2016 der Angriff auf ein Hotel im nahegelegenen Koulikoro.
Ein Land aus dem Lot
Seit dem Militärputsch von 2012, den islamistische Kämpfer im Norden des Landes nutzten, um zuerst Timbuktu, Gao und dann weitere Städte in ihren Besitz zu nehmen, ist Mali aus dem Lot.
Die schwer bewaffneten Banditen, die sich eine krause, dumpfe Auslegung des Islam auf die Fahne geschrieben haben, wurden durch französische Elitetruppen zwar besiegt und zurückgedrängt. Aber verschwunden sind sie nicht.
Es fehlen die Touristen
Im flachen Land zwischen Bamako, Ségou und Mopti und bis hinauf nach Bandiagara treiben die Banditen ihr Unwesen, schlachten UNO-Soldaten ab, Militärpatrouillen, nehmen ganze Dörfer als Geiseln. Manche Gegenden des Landes sollte man meiden.
Die Folgen sind sichtbar, auch in der Hauptstadt. Es fehlen die Touristen, damit bleibt vielerorts das Geld aus. Hotels müssen schliessen, das Kunsthandwerk liegt am Boden.
Kulturveranstaltungen zum Trotz
Dennoch halten die Kulturveranstalter an ihren Programmen fest. Die Biennale de la Photographie Africaine, dieser Grossanlass, der jedes zweite Jahr das Beste des afrikanischen Fotografieschaffens zeigt, wurde letztes Jahr trotz der unsicheren Lage durchgeführt.
Die ganze Stadt wurde bespielt, mit Ausstellungen, Workshops, Aktionen. Und für einmal kehrte mit den vielen Galeristen aus Paris und anderswo ein klein wenig internationales Flair nach Bamako zurück.
Stattgefunden hat auch das Festival Akoustik in Bamako. In Ségou, fünf Autostunden von Bamako entfernt, soll im kommenden Februar das grosse Festival sur le Niger über die Bühne gehen.
Dem Terror trotzen
Auch die kleinen Theater in Bamako, die weiter machen, die Marionettenspieler in Dar Salam, die Galeristen in Niarela, die Färberinnen, die Kunsthandwerker, und all die Musikerinnen und Musiker, die Woche für Woche im Institut Français ihren grossen Auftritt haben – sie machen weiter.
Im Publikum und in der Laufkundschaft hat es weniger Touristen, dafür kommen die Einheimischen. Es fehlt an Käufern, die für eine Sphopping Tour ins Land kommen. Also wird exportiert – nach Paris, nach Brüssel.
Auftritt trotz Angst
Und dann gibt es die grossen Namen der Musik – Rokia Traoré, Vieux Farka Touré, der Sohn des legendären Ali Farka Touré, Mamadou Diabaté. Salif Keita hatte sein traditionelles Konzert am Jahresende 2015 abgesagt, weil er sich «nicht sicher fühlte», aber er trat dann doch auf – zum Valentinstag dieses Jahrs.
Die Kultur, die Kulturschaffenden als Bollwerk gegen den Terrorismus? Vielleicht.