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500 Jahre Luther-Bibel Der deutsche Ex-Mönch und sein Bibel-Bestseller

Heute vor 500 Jahren erschien ein Weltbestseller, der sich noch immer gut verkauft: die Lutherbibel – das Neue Testament auf Deutsch. Martin Luthers Übersetzung war nicht nur die Basis für eine neue Theologie, sondern setzte auch Sprachtrends.

Die meisten Autorinnen und Autoren können von einem solchen Erfolg nur träumen: Weltweite Beachtung, ausverkaufte Exemplare und Worte, die es ins Alltagsvokabular schaffen.

All das erreichte Martin Luther mit seiner deutschen Übersetzung des Neuen Testaments. Die Erstauflage, 3000 Exemplare, waren schnell vergriffen – und das, obwohl das Buch damals so viel kostete wie ein Monatslohn. Aber wie stieg Ex-Mönch Luther zum Bestseller-Autor auf?

Was machte Luthers Neues Testament so erfolgreich? Endlich konnten alle Leute das Evangelium verstehen. Es wurde in ihrer eigenen Sprache abgedruckt. Luther hatte bei der Übersetzung – wie er sagte – «dem Volk aufs Maul geschaut». Das hat funktioniert.

Der Erfolg dieses sogenannten «Septembertestaments» (so genannt, weil es im September erschien) mag auch mit den darin enthaltenen Bildern zu tun gehabt haben. Die noch heute berühmten Holzschnitte aus der Cranach-Werkstatt karikierten selbst den Papst, was für viel Aufsehen sorgte.

Wie wurde der Papst in der Bibel-Übersetzung dargestellt? Er ist jeweils an der Papstkrone Tiara zu erkennen. Im Septembertestament wird die Tiara etwa von der Hure Babylon getragen, einer Figur aus der Apokalypse. Damit soll auf die moralische Verkommenheit des Papstes angespielt werden.

Diese Provokationen gefielen Luther allerdings gar nicht. Darum wurden diese anti-päpstlichen Drucke in der zweiten Auflage, im «Dezembertestament», weggelassen.

Holzschnitt: Eine Frau mit Tiara reitet auf einem Drachen
Legende: Hure Babylon mit Papst-Tiara: Die teils anti-päpstlichen Holzschnitte aus der Cranach-Werkstatt waren selbst Martin Luther zu provokativ. Wikimedia Commons

Ab wann galt das Neue Testament als «Lutherbibel»? Die Lutherbibel erschien erst elf Jahre nach der ersten Ausgabe. Dann wurde die vollständige «Vollbibel» namens «Biblia Deudsch» publiziert. Später wurde sie nur noch Lutherbibel genannt, obwohl Luther sie nicht allein übersetzt hat.

Tatsächlich war die Lutherbibel nicht die erste vollständige deutschsprachige Bibel. Das «Team Zwingli» in Zürich war mit der Ausfertigung früher fertig.

Warum gilt die Lutherbibel als Monument der deutschen Schrift- und Hochsprache? Luther war nicht nur stil-, sondern auch sprachbildend. Er schuf Wörter wie «Lückenbüsser», «Gewissensbiss» und «Lästermaul» – alles Begriffe, die wir heute noch verwenden.

Das Deutsch der Bibel löste Latein als Kirchen- und Amtssprache ab. So prägte die Lutherbibel das Frühneuhochdeutsche mit.

Heute sprechen wir zwar ein anderes Deutsch als Luther damals. Wir benutzen aber noch immer Redewendungen, die aus Luthers Bibel-Übersetzung stammen, zum Beispiel «Du sollst Dein Licht nicht unter den Scheffel stellen» oder «Perlen vor die Säue werfen».

Was ist aus heutiger Sicht an Luthers «Septembertestament» so neu? Das war zum einen die Schule machende Sprache. Gleichzeitig war Luthers «Neues Testament Deutsch» aber auch die Basis für reformatorische Theologie und Kirchen.

Luther übersetzte als Erster den griechischen Text, den Erasmus von Rotterdam in Basel 1516 herausgegeben hatte. Das unterschied Luther von den römisch-katholischen Theologen, die aus der lateinischen Vulgata übersetzten – mit all ihren Fehlern und Tendenzen.

Erasmus’ Text war die Grundlage, der wissenschaftliche Quantensprung, der die reformatorischen Bibeln und ihre Theologie erst ermöglichte.

Eine Nachbildung zum Jubiläum

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Die Deutsche Bibelgesellschaft bringt zum 500-Jahr-Jubiläum von Luthers Septembertestament eine Faksimile-Ausgabe heraus, eine originalgetreue Wiedergabe des Buchs.

Das zeigt, welchen Stellenwert Luthers Übersetzung für die Bibel-Kultur bis heute hat.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 21.09.2022, 08:06 Uhr. ; 

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