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Eine Hand zeigt auf ein Buch.
Legende: Sola scriptura: Nicht nur bei der Bibel handelt es sich um eine spannende Lektüre. SRF / Monika Aichele

500 Jahre Reformation Diese Bücher zur Reformation sollten Sie lesen

Viel wurde zur Reformation geschrieben. Was soll man wirklich lesen? Unsere Religions-Expertin Judith Wipfler hat sich durch die Reformations-Literatur gekämpft – und die besten Bücher ausgesucht.

1. «Hör nicht auf zu singen» (Hg. von Sabine Scheuter und Rebecca A. Giselbrecht)

Eine Frau und ein Junge auf einem Buchcover.
Legende: Da kriegen die Reformationsfrauen endlich ihren Platz: Das Buch berichtet von Zeuginnen der Schweizer Reformation. TVZ-Verlag.

500 Jahre Reformation

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Die Reformation ist nicht Geschichte. Sie prägt uns bis heute. Vom 29. Oktober bis zum 5. November 2017 zeigt SRF Kultur, warum Luther, Calvin und Co. nicht passé sind. Alle Inhalte rund um unseren Schwerpunkt finden Sie hier .

Endlich! Dieses neue Standartwerk zum Beitrag der Frauen an der Reformation füllt die schmähliche Gender-Lücke in der Geschichtsschreibung. Noch dazu ist es ein Werk von mehrheitlich Schweizer Forscherinnen. Sie dokumentieren nun, was die reformationsbewegten Frauen vor 500 Jahren alles leisteten – auch ökonomisch.

Katharina Schütz Zell, Wibrandis Rosenblatt, Idelette de Bure, Margarete Blarer und noch viele andere treten auch aus dem Schatten der «Lutherin» Katharina von Bora heraus. Frauen dachten doch tatsächlich schon damals theologisch und nicht nur an Haus und Garten. Dass sie auch in den reformatorischen Kirchen nachher wieder marginalisiert wurden. Auch das verschweigt das Buch natürlich nicht.

Das Buch erschien 2016 im TVZ Verlag.

2. Volker Leppin: «Die Reformation»

Das Cover zeigt einen Mann auf der Kanzel.
Legende: Unschlagbar: Das Buch des angesagten Lutherexperten Volker Leppin. WBG

Kurz und bündig, kompetent und unschlagbar! Wer’s wissen will, sollte dieses vergleichsweise dünne Buch vom derzeit angesagtesten Reformations- und Lutherexperten Leppin lesen. Auf die vielfältigen Wurzeln der Reformation in Humanismus, Mystik und Politikwandel legt der Autor ebenso viel Wert wie auf ihre weltweiten Verästelungen nachher. Das Büchlein kommt etwas kompendiumsartig daher und wird auch zur Examensvorbereitung empfohlen. Der erste Eindruck täuscht aber. Es liest sich flüssig und bringt die Sache auf nur 168 Seiten auf den Punkt.

Das Buch erschien 2017 im WBG-Verlag.

3. Christine Christ-von Wedel: «Erasmus von Rotterdam»

Das Buchcover ist rot-weiss.
Legende: Kurzweilig und vor allem klug: ein Buch über Erasmus von Rotterdam. Schwabe

Ohne Erasmus keine Reformation! Ohne ihn und ohne seinen Druckort Basel hätte es 1516 kein ordentliches Neues Testament auf Griechisch gegeben und damit auch keine revolutionäre Bibelübersetzung. Trotzdem wurde Erasmus nie reformiert, sondern blieb römisch. Gleichwohl wurde er aus Dankbarkeit im reformierten Basler Münster bestattet. Erasmus wäre gerne den dritten Weg gegangen: einen Weg der kirchlichen Einheit und des Friedens.

Zwar hatte auch der grosse Humanist Schwächen, etwa seinen schiefen Blick auf Gottes erste Kinder, die Juden. Aber es lohnt sich, mehr über den Vielschreiber und sein bewegtes Umfeld zu erfahren. Der renommierten Erasmusforscherin Christ-von Wedel gelang es, ihr kurzweilig kluges Portrait auf weniger als 200 Seiten zu bannen: Chapeau!

Das Buch erschien 2016 im Schwabe-Verlag.

4. Christian Nürnberger / Petra Gerster: «Der rebellische Mönch, die entlaufende Nonne und der grösste Bestseller aller Zeiten»

Luther ist auf dem Buchcover. Er schlägt eine Buchseite um.
Legende: Ein Jugendbuch, das aber vor allem auch ältere Generationen begeistert. Gabriel-Verlag

Selbst schon ein Bestseller ist dieses als Jugendbuch empfohlene Sachbuch mit erzählerischen Elementen. Es kommt aber vor allem bei Erwachsenen gut an. So manche Religionslehrerin und Pfarrerin hat es schon erfolgreich eingesetzt im Konfirmations-Unterricht oder am Gemeindeseminar. Denn es ist erkenntnisreich und genauso auch spannend zu lesen! Den garstigen historischen Graben überspringt das Autoren-Paar mit Leichtigkeit. Sie machen das Lebens- und Glaubensgefühl der Menschen damals erfahrbar. Und immer leitet sie die Frage: Was geht uns das heute an? Ein Buch, das auch Diskussionen anregen möchte, wie Reformiertsein 500 Jahre später in einer multikulturellen Welt funktioniert.

Das Buch erschien 2016 im Gabriel-Verlag.

5. Diarmaid MacCulloch: Die Reformation. 1490-1700.

Luther auf dem Cover. Er ist umgeben von Menschen.
Legende: Lebendige Geschichte: Der Kirchenhistoriker Diarmaid MacCulloch weiss zu erzählen. DVA

Wer mehr Zeit hat: Der Kirchenhistoriker MacCulloch aus Oxford überwindet in seinem dicken Werk den Lutherzentrismus ebenso wie den Eurozentrismus. Klug fasst er die Epoche der Reformation viel weiter und bezieht die katholische Reform, lange «Gegenreformation» genannt, gleich mit ein. Die Entdeckung Amerikas 1492 weitet seinen Blick über den Teich. Das Reformationszeitalter hat nicht nur Europa durchgeschüttelt und am Ende neu geordnet. Zudem kann dieser britische Gelehrte auch noch lebendig erzählen. Er skizziert die Lebenswelt der Menschen plastisch und stellt die Hauptprotagonisten der Reformation pfiffig einander gegenüber. Dieser angelsächsische Wissenschaftsstil kommt den Lesenden freilich sehr entgegen, auch wenn das Buch ein bisschen zu dick geworden ist.

Die deutsche Version erschien 2008 bei DVA.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 30.10.2017, 08.20 Uhr.

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