Drei Engel sollen hoch oben am Ende des Tals erschienen sein. So bekam der entlegene Ort seinen Namen: Engelberg.
Als die ersten Mönche 1120 hier siedelten, gab es dort nichts als ein paar Alphütten. Doch die Benediktiner wären nicht Benediktiner, wenn sie nicht Wirtschaft, Verkehrswege, Bildung und Kultur selbst «am Ende der Welt» zum Laufen brächten. Bis heute.
Die Äbte sorgten für Lohn und Brot
Die Mönche brachten den Vieh- und Käsehandel in Gang, stellten die Überschwemmungen ab, kauften Weinberge, holten die Eisenbahn hierher. Sie gründeten sogar eine Sparkasse, damit die Bauern ihr Geld nicht mehr versoffen.
Als Erstes jedoch gründete Abt Frowin 1247 eine Schreibschule. Sie besteht bis heute. Die Stiftsschule mit Internat besuchen seit 1995 auch Schülerinnen und machen zweisprachige Matur. Der Engelberger «Bildungscampus» floriert.
Brände und Pest
Kloster und Gemeinde durchlebten freilich auch dramatische Zeiten. Dreimal zerstörten Brände die Gebäude. Stiftsarchivar Rolf De Kegel erzählt packend, wie das ganze Dorf 1729 mithalf, die wertvollen Bücher zu retten: Sie wurden aus dem Fenster geworfen und dann von Hand zu Hand weitergereicht, in Sicherheit gebracht.
Noch schlimmer wütete die Pest. Die Epidemie von 1548 überlebte nur gerade mal ein Mönch. Er machte weiter.
Archivar Rolf De Kegel ist kein Mönch. Er ist einer von hunderten Männern und Frauen, die leidenschaftlich für das Kloster arbeiten – es bleibt der grösste Arbeitgeber im Tal. Diese Symbiose von Kloster und Tal spiegelt sich auch im gemeinsamen 900-Jahr-Jubiläum.
Engelberger Mönche in Übersee
Das Kloster Engelberg expandierte mehrfach, in die USA und nach Kamerun. Das hatte mit der Überpopulation von Schweizer Mönchen zu tun. 1951 waren sie 129 Brüder im Kloster Engelberg. Zu viele, sagt Abt Christian.
Auch die Gebäude und Betriebe des Klosters seien damals zu gross geworden. Sie gelte es jetzt weiter zurückzubauen, sozusagen «reduce to the max». Als Benediktiner denkt Abt Christian unsentimental und wirtschaftlich.
Mit heute 20 Mönchen liegt die Belegung im Kloster Engelberg sogar über dem Durchschnitt der letzten 900 Jahre. In keinem anderen Kloster der Schweiz leben so lang ununterbrochen Mönche. Noch eine Superlative.
Eine weitere ist die grösste Orgel der Schweiz in der Klosterkirche. Im aktuellen Orgelsommer wird ein Ensemble aus Frankreich aus dem 700-jährigen Codex 314 singen. Diese Musik-Handschrift ist eines der Highlights der Stiftsbibliothek.
«Wir sind kein Hotel»
Wegen der aktuellen Abstandsregeln finden nun mehr Konzerte in der grossen Klosterkirche und nicht im Barocksaal statt. Trotzdem bleibe die Kirche primär ein Ort des Gebetes, betont Abt Christian. Im Chor der Barockkirche versammeln sich die Mönche bis zu siebenmal am Tag zum Stundengebet. Dazu seien alle Gäste herzlich eingeladen.
In Corona-Zeiten kommen jetzt sogar mehr und jüngere Gäste mit Kindern ins Kloster. Manche bleiben nur eine Nacht. Andere tauchen «auf Zeit» ein ins Klosterleben. Abt Christian ist überzeugt: Das Kloster Engelberg hat Zukunft und kann auch die Menschen draussen weiterhin bewegen.