SRF: Was haben sie für Reaktionen aus Burkina Faso erhalten?
Brigitta Javurek : Die Leute sind bestürzt. Es herrscht grosses Unverständnis, dass es nach zwei Jahren schon wieder einen Anschlag in Ouagadougou gab.
Auf Facebook gibt auch wieder diese Aufrufe: «Wir lassen uns nicht spalten. Wir sind ein Volk. Wir müssen zusammenstehen. Wir brauchen Zeit für die Trauer, aber wir brauchen auch Zeit um nach vorne zu schauen. Wir müssen das als Burkinabés tun.»
Es spielt einfach nicht so eine Rolle, wer welchen Glauben hat.
Heisst das, die Leute sehen den religiösen Frieden in ihrem Land ernsthaft bedroht?
Die Menschen nehmen natürlich wahr, dass die Bedrohung aus einer ganz bestimmten Ecke kommt. Sie wollen sich nicht spalten lassen. Daher sagen sie: «Wir müssen das erkennen und dürfen uns nicht teilen lassen.» Das ist etwas, was die Leute aktiv tun.
Sie haben Burkina Faso schon oft bereist. Wie war denn ihr Eindruck des friedlichen Miteinanders der verschiedenen Religionen?
Das kann ich an einem Beispiel erzählen. Tabaski ist das islamische Opferfest an dem das Ende des Ramadans gefeiert wird. Das ist ein grosses Fest, da werden Tiere geschlachtet. Da machen alle mit und es spielt keine Rolle, ob man muslimisch ist oder nicht. Da wird einfach mitgefeiert.
Und umgekehrt, wenn die Christen Weihnachten oder Ostern feiern, werden diese auch beglückwünscht von den muslimischen Mitbürgern. Bei den Festen wird aktiv mitgemacht. Das ist gelebte Religion. Es spielt einfach nicht so eine Rolle, wer welchen Glauben hat.
In jeder Grossfamilie sind alle Religionen vertreten. Je nachdem wer heiratet. Man findet alles. Wenn man Religionen gegeneinander aufhetzt, würde das viele Familien zerreissen. Dessen sind sich die Bürger sehr bewusst.
Im Alltag gibt es natürlich ab und zu auch mal Spannungen. Aber in einem Rahmen, der regelbar ist.
Was tut die Bevölkerung, um diesen religiösen Frieden zu bewahren?
Sie tauschen sich aus. In Ouagadougou gibt es einen Bischof und natürlich Imame. Über die Medien hört man immer wieder, dass sie sich treffen und dass sie sich austauschen. Immer wieder wird darauf hingewiesen. Das ist eine Kraft ist in Burkina Faso. Die Leute lassen sich eben nicht teilen, sondern leben friedlich zusammen. Im Alltag gibt es natürlich ab und zu auch mal Spannungen. Aber in einem Rahmen, der regelbar ist.
Wie fragil ist der religiöse Frieden derzeit?
Sehr. Die Leute wissen das. Die Situation ist auch sehr schwer. Nebenan hat man den Nachbarn Mali, man hat Niger. Das sind zwei Staaten, die sehr viel muslimischer sind als Burkina Faso – und mit vielen Bedrohungen. Religionsfreiheit muss man pflegen. Das ist schwierig, wenn das Umfeld immer wieder attackiert wird.
Das Gespräch führte Barbara Peter.
Sendehinweis: SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 16.8.2017, 6:50 Uhr.