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Architektin Tilla Theus 50 Jahre erfolgreich in einer Männerdomäne

Die Bündnerin Tilla Theus ist eine erfolgreiche Architektin. Dafür musste sie von Beginn an mehr leisten als andere.

Tilla Theus macht Häuser zu Verbündeten. Aktuell restauriert die Architektin mit ihrem Team das historischen Gebäude der Bank Leu an der schicken Bahnhofstrasse in Zürich.

Dafür ist sie unterdessen berühmt: Theus holt geschichtsträchtige Gebäude mit Fantasie und Verstand ins Heute. In ihrer 50 Jahre langen Karriere als selbstständige Architektin hat sie zahlreiche Firmensitze ersonnen, Luxushotels restauriert und dem Weltfussballverband einen Hauptsitz gebaut.

Ihr erstes grosses Projekt: Das Altersheim von Mollis. Tilla Theus, damals 26 Jahre alt und frisch ab ETH, gewinnt den Wettbewerb im Kanton Glarus. Eine Sensation.

Was hat Tilla Theus gelernt in den fünf Jahrzehnten auf den unzähligen Baustellen, am Planungstisch und in all den Besprechungen? «Kompromisse eingehen», sagt sie. Das könne sie heute besser.

Mit dem Kopf durch die Wand

Früher habe sie mit ihrem «Bündner Grind» oft durch die Wand gewollt. Schon als Jugendliche musste sie für sich und ihre Träume einstehen. Ihr Vater, der Regierungsrat Arno Theus, wollte, dass seine Tochter die Handelsschule macht. Oder wenn schon ein Studium, dann Pharmazie – etwas «fraulicheres».

Aber Tilla Theus interessierten Häuser, das Bauen, das Entwerfen. Der Vater verschaffte ihr ein Praktikum in einem angesehenen Zürcher Architekturbüro. Sein Ziel: Die Tochter sollte selbst merken, wie wenig sie für die Architektur geeignet ist.

Geschehen ist das Gegenteil: Tilla Theus überzeugt auf ganzer Linie, ist hoch begabt und motiviert. Als eine der wenigen Frauen studiert sie dann Mitte der 1960er-Jahre an der ETH Zürich.

Tiefer Frauenanteil im Studium

Damals sind nur acht Prozent der Studierenden am Departement weiblich. Inmitten der vielen männlichen Kommilitonen und Professoren erlernt die junge Bündnerin nicht nur Theorie und Handwerk des Berufs, sondern auch, sich unter Männern durchzusetzen.

Bauhelm und Designermode

Tilla Theus ist eine Erscheinung. Neben der Architektur interessiert sie sich für Farben, Stoffe und Muster. Zum Bauhelm trägt sie Akris und Miyake. Auch deshalb wurde Tilla Theus zur Marke.

Als Frau ist sie in der obersten Liga der Architektur noch immer eine Exotin. Die Stars, die Marken der Branche, sind bis heute Männer.

Einer der Gründe dafür, so Theus: Frauen seien stärker aufs Projekt fokussiert, suchten eher Kompromisse, damit der Bau voranschreiten könne. Sie seien weniger interessiert daran, ihre Duftnote zu setzen.

Leidenschaft ist Pflicht

Seit 50 Jahren arbeitet sie als selbstständige Architektin und ist als Frau in einer Männerdomäne höchst erfolgreich. «Ich habe gelernt, dass ich als Frau grundsätzlich mehr leisten muss, als meistens von Männern verlangt wird.»

Diesen Satz sagte die sie gegenüber der Zeitung Cash im Jahr 1993. Auch über 25 Jahre nach diesem Interview passt der Satz zu Tilla Theus. Wer diesen Beruf ergreift, muss das mit Haut und Haaren wollen. Diese Leidenschaft scheint bei ihr unerschöpflich.

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