Das British Museum in London widmet dem weltberühmte Steinkreis mit « The World of Stonehenge » eine erste grosse Ausstellung. Sie versucht vor allem, die Menschen von damals zum Leben zu erwecken.
Wie sah das Leben vor 4000 Jahren rund um die Steinkreise aus? Das ist das Geheimnisvolle: Man weiss bis heute nicht, was diese Steinformationen genau bedeuten. War es ein Observatorium oder eine riesige Sonnenuhr? War es ein religiöser oder spiritueller Treffpunkt? Vielleicht eine Opferstelle oder gar ein Friedhof? Vor einigen Jahren fand man heraus, dass rund 200 Menschen zwischen den konzentrisch angeordneten Steinen begraben sind.
Was sagt die Wissenschaft zum Ursprung von Stonehenge? Forschende sind der Ansicht, dass jede dieser Hypothesen ihre Berechtigung hat. Untersuchungen mit Sonargeräten zeigten, dass wir nur einen Bruchteil dieser Anlage wirklich kennen – die bekannte Steinformation ist dabei nur ein kleiner Teil eines gesamten Komplexes. Es gibt dutzende Grabhügel, Wege und Landmarken.
Man vermutet, dass es ein Pilgerort gewesen sein könnte, wo tausende von Menschen zusammengekommen sind. All das kann man aber nur begreifen, wenn man auch die Menschen und ihre prähistorischen Lebensumstände besser kennenlernt.
Wie wird der Alltag der damaligen Menschen erlebbar gemacht? Die Ausstellung im British Museum zeigt viele verschiedene Werkzeuge, die damals besonders wichtig waren, denn man lebte hauptsächlich von der Landwirtschaft. Es wird aber auch sehr viel Goldschmuck ausgestellt.
Das wohl berühmteste Artefakt der Ausstellung ist die Himmelsscheibe von Nebra – eine kreisförmige Bronzeplatte mit goldenen Applikationen. Sie ist die älteste bekannte Himmelsdarstellung, schätzungsweise 4000 Jahre alt. Sie revidiert unser Bild der primitiven Urmenschen. Diese hatten durchaus Fertigkeiten und Wissen.
Was ist das Highlight der Ausstellung? Persönlich berührt die Besuchenden ein Grab mit den Gebeinen von drei Kindern. Wie sie genau ums Leben kamen, ist unklar. Das älteste Kind legt schützend seine Arme um die beiden kleineren Kinder, die sich gegenseitig die Hand geben. Obwohl es nur Knochen sind, werden damit Emotionen transportiert. Es muss sich vor 4000 Jahren ein Drama abgespielt haben.
Was ist das Besondere an Stonehenge, damals und heute? Stonehenge wurde vor über 4000 Jahren erbaut. Der Bau erfolgte offenbar in Etappen, und zwar über mehr als tausend Jahre. Die schweren Blöcke wurden zum Teil über 200 Kilometer aus Wales herangeschleppt. Das brauchte einen gemeinsamen Willen, eine gute Organisation und auch logistisches Verständnis.
Auch wenn der Ursprung von Stonehenge verloren ging, so übt das Bauwerk eine Faszination aus – und zwar über alle Epochen hinweg. In den 1980er-Jahren feierten dort Hippies wilde Feste, bis die Polizei eingreifen musste. Druiden treffen sich bis heute zur Sommerwende an dem Steinkreis. Und Jahr für Jahr strömen tausende Touristen an diesen Ort.
Welche neuen Erkenntnis nimmt man von der Ausstellung mit? Die Ausstellung bringt einem die Menschen näher. Plötzlich sind das nicht nur einfach tonnenschwere Steine, sondern man begegnet den Leuten und ihren Schicksalen in einer prähistorischen Zeit. Es ist wie ein Gruss aus der Vergangenheit. Und wenn man dann auf dem Nachhauseweg in der Bahn sitzt, fragt man sich: Welche Artefakte und Fundstücke wird man in 4000 Jahren wohl von uns im Museum besichtigen können?