Jede Feder ist ein kleines Kunstwerk. Die Kopffedern des Pfaus öffnen sich in leuchtend türkisfarbene Minifächer. Die schwarzen Schwanzfedern einer männlichen Ente locken sich wie eine Elvis-Tolle.
Die Federn der Blauestern-Amazone sind in unterschiedliche Farbfelder unterteilt. Rot, grün, gelb und braun: Es scheint fast, als hätte Piet Mondrian sie entworfen.
Meisterwerke der Natur
Die Ausstellung im Gewerbemuseum in Winterthur zeigt diese Meisterwerke der Künstlerin Natur zum einen ganz schlicht in Schaukästen, wo man sie in Reinform bewundern kann. Sie zeigt aber auch, was für kunstvolle Objekte Menschen aus ihnen fertigen
Zum Beispiel die zeitgenössische Textildesignerin Janaïna Milheiro: Sie webt aus Federn filigrane Stoffe oder setzt sie so zusammen, dass sie wie Spitze wirken. Ihre Kunden sind vor allem Haute-Couture-Modehäuser.
Fantastisch anzuschauen ist auch der Federschmuck brasilianischer Indianer. Die ausgestellten Objekte aus den 1940er-Jahren wirken modern und gleichzeitig fast unwirklich schön.
«Jedes Mal eine Augenweide»
Kuratorin Susanna Kumschick, die auch Leiterin des Museums ist, gibt offen zu, ein Ziel der Ausstellung sei es, einfach ein Vergnügen zu bieten. «Gewisse Objekte sind jedes Mal wieder eine Augenweide», schwärmt sie, «obwohl ich sie mir schon hundert Mal angeschaut habe.»
Die Ausstellung zeigt aber nicht nur Schönes. Sie zeigt so ziemlich alles, was mit Federn zu tun hat. Fotos von indigenen Völkern, die Federschmuck als Ausdruck ihrer kulturellen Identität tragen.
Sie zeigt präparierte Vögel, Gebrauchsgegenstände wie Federbälle und Staubwedel, Sexspielzeug aus Straussen- und Pfauenfedern, Designobjekte wie einen mit Hahnenfedern besetzten Lampenschirm, Plattencover mit Federn, Flugmodelle und Kunstwerke mit Federn.
Die Ausstellung richtet sich damit gleichermassen an Naturinteressierte wie an Kunstinteressierte.
Einladung zur Entdeckungstour
Kuratorin Susanna Kumschick hat sich ganz bewusst für ein offenes Ausstellungskonzept entschieden. Es gehe, sagt sie, ja immer darum, den Blick zu schärfen und die Verwandtschaften zu sehen. «Ich will, dass man auf Entdeckungstour gehen kann und nicht jedes einzelne Ding jetzt anschauen muss.»
Das funktioniert. Die Ausstellung schafft Bezüge zwischen Objekten die – bis auf die Federn – nichts miteinander zu tun haben. So wirken etwa die bunten Köder zum Fliegenfischen plötzlich wie filigrane Ohrringe.
Das Drama mit den Daunen
Vieles wird nur kurz angeschnitten, etwa die ethische Problematik von Daunen. Denn vielen Gänsen und anderen Vögeln werden die Federn bei lebendigem Leib ausgerupft. Bislang deklarieren aber nur wenige Firmen woher ihre Daunen kommen und wie sie produziert werden.
Dieser kritische Aspekt wird auf einem Wandtext abgehandelt. Für mehr wäre bei all den anderen Themen auch kein Platz.
Trotzdem ist die Ausstellung nicht oberflächlich. Sie präsentiert viel Wissenswertes. Etwa, dass Pinguine von allen Vögeln das dichteste Gefieder haben. Sie besitzen mehr als 30’000 Federn. Oder dass das Eiweiss aus dem Hühnerfedern hauptsächlich bestehen – das sogenannte Keratin – für Shampoos oder Hundefutter verwendet wird.
Für Kinder und Jugendliche bietet die Ausstellung in Winterthur zudem zwei Stationen, an denen sie experimentieren und kreativ sein können. So ist eine anschauliche Entdeckungsreise durch die Welt der Federn entstanden, die Lust auf mehr macht.
brik/gust