Jeder vierte Schweizer wohnt in einem: Einem Einfamilienhaus. Diese haben jedoch nicht unbedingt den Ruf des Innovativen.
Doch für die architektonische Entwicklung und für unser Verständnis von Raum seien sie wichtig, sagen die Ausstellungsmacher Michael Hanak und Klaus Spechtenhauser. Deshalb machten sich die beiden in der Region Basel auf die Suche nach architektonisch wertvollen Eigenheimen.
Die frühen Häuser setzten Massstäbe
Gefunden haben sie sechs Häuser, gebaut in der Zeit des Eigenheim-Booms zwischen den 1950er- und 1970er-Jahren. Alle von verschiedenen Bauherren und Architekten, aber mit ähnlichen gestalterischen Qualitäten.
Michael Hanak, Kurator der Ausstellung, nennt die Wichtigsten: «Eine wichtige Qualität ist die Verbindung zwischen dem Inneren und Äusseren. Zudem der offene Grundriss im Innern: Wie ist die Verbindung der Räume? Wird einfach ein Zimmer nach dem anderen aufgereiht – oder sind die Übergänge fliessend mit Schiebe- oder Glastüren gestaltet?».
Es sind Qualitäten, die heute nicht nur in Einfamilienhäusern Standard sind. Eine zum Wohnbereich offene Küche hat es fast in jedem Wohnungsneubau. Auch die Verbindung zum Aussenbereich ist wichtig: Kein neues Objekt kommt ohne Balkon aus.
Mitten im fremden Haus
Die Ausstellung «Modern Living» versucht, dieses Wohnerlebnis mit den funktional konzipierten Grundrissen erlebbar zu machen. Neben vielen Fotografien sind grosse Fototapeten aufgezogen. So haben Besucher das Gefühl, in einem dieser Häuser Platz zu nehmen.
Dabei hilft die kleinräumige Aufteilung in den alten Museumsmauern. Fast jedes Einfamilienhaus wird in einem separaten Ausstellungsraum vorgestellt. Die Häuser, die ausgewählt wurden, sind alle frei stehend: manche einstöckige Bungalows, andere zweistöckig. Die meisten verfügen über ein Flachdach.
Eines hat gar ein extravagantes Dach in Form eins gedrehten Trapezes. Allesamt sind sie avantgardistische Zeitzeugen der 1950er- bis 1970er-Jahre, mit grosszügigen Grundrissen und grossen Fenstern.
Vorreiter USA
Neben den Basler Häusern dokumentiert die Ausstellung in einem Raum mit Musik, Bildschirmen und Büchern auch Eigenheime aus dem Ausland. Zahlreiche Häuser stehen in den USA – damals ein Vorbild im Einfamilienhaus-Bau.
«Die USA waren sicher eine ganz wichtige Referenz für viele junge Architekten nach dem Zweiten Weltkrieg», sagt Kurator Michael Hanak. «Viele wollten dort Erfahrungen sammeln und bauen. Sie gingen direkt vom Studium in der Schweiz in die USA.»
Private Häuser im Rampenlicht
Die Häuser, die die Ausstellung zeigt, sind alle in Privatbesitz. Man brauchte die Einwilligung der Hausbesitzer und auch ihr Zutun, um die Ausstellung zu ermöglichen – mit Plänen, Bildern und Hintergrundgeschichten.
Man sei auf Wohlwollen gestossen, erzählt der andere Kurator, Klaus Spechtenhauser. «Viele waren begeistert, dass sich jemand für ihre Bauten interessiert. Wir haben gemerkt, dass dies Leute sind, die oft über Jahrzehnte sehr gut gewohnt haben – und die die Qualität ihrer Häuser sehr schätzen.»
Die Zukunft dieser Häuser liegt den Ausstellungsmachern und den Besitzerinnen am Herzen. Jetzt gilt es, diese Häuser umsichtig zu renovieren und energetisch zu sanieren. Auch das thematisiert die Ausstellung.
Wie sehen die Ausstellungsmacher Eigenheime in der heutigen Zeit, in der verdichtetes Bauen gefragt ist? Ist es ein Auslaufmodell, insbesondere für anspruchsvolle Architektur?
Nein, sagt Klaus Spechtenhauser. «Es gibt auch heute noch herausragende Einfamilienhäuser – wenn das entsprechende Bewusstsein und Architekten da sind, die nicht einfach irgendwelche Auflagen erfüllen, sondern auch entwerferische Ambitionen haben.»
Gute Einfamilienhaus-Architektur ist also auch heute möglich. Aber es braucht Mut.