Vor einigen hundert Jahren wurde in der ganzen Romandie Patois gesprochen. Heute nutzen nur noch einige wenige Tausend die Sprache, die wie eine Mischung aus Französisch und Rätoromanisch klingt. Zu hören ist Patois hauptsächlich noch in einigen Gemeinden im Unterwallis.
Patois-Verbot an Schulen
Ganz zu Beginn der Ausstellung «Patois-Land» der Mediathek Wallis in Martigny erfährt man die Geschichte des Niedergangs des Patois. Um im Geiste der Aufklärung auch die unteren Schichten zu bilden, wurde Anfang des 19. Jahrhunderts die obligatorische Schulpflicht eingeführt – auch in der Romandie.
Unterrichtssprache war Französisch – die Sprache der Bildung und der Eliten. Die Volkssprache Patois stand für Rückständigkeit und war an den Schulen verboten.
Erst im 20. Jahrhundert wurde dieses Patois-Verbot wieder aufgehoben. Vielerorts war es da schon zu spät: Die Bevölkerung hatte zum prestigeträchtigeren Französisch gewechselt.
Im «Patois-Land» ist es düster
Soviel Vorwissen muss sein, um in den nächsten Teil der Ausstellung einzutauchen, in das eigentliche «Patois-Land». Dort ist es fast stockfinster - ein Verweis auf die düstere Situation, in der sich das Patois heute befindet. Die Sprache ist vom Aussterben bedroht.
Es braucht die Handy-Taschenlampe, um die Texte an den Wänden lesen zu können. Immerhin geht Hören auch im Dunkeln bestens: Auf beiden Seiten des düsteren Tunnels sind alte Telefone angebracht, mit denen Besucherinnen und Besucher Patois-Tonaufnahmen hören können.
Patois ist nicht einfach ein französischer Dialekt, sondern eine eigene Sprache: «Frankoprovenzalisch» nennt man es in der Sprachwissenschaft. Und das ist dem Rätoromanischen etwa gleich nah verwandt wie dem Französischen.
Alte Sprache neu entdeckt
Hunderte Tonaufnahmen hat die Mediathek Wallis in Martigny im Auftrag des Kanton Wallis archiviert. Aufgenommen wurden sie in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg, als man sich in der Romandie wieder für die alte Volkssprache Patois zu interessieren begann. Es wurde befürchtet, dass dieses Kulturgut für immer verlorengehen könnte.
Im Tunnel des «Patois-Land» ist es nicht nur düster, sondern auch etwas gruselig - fast wie in einer Geisterbahn. Dafür sorgen etliche furchteinflössende Fasnachtskostüme mit Fratzen, Hörnern und Tierfellen. Patois wird in dieser Ausstellung als Zombie dargestellt: Eigentlich schon tot, aber irgendwie doch erstaunlich
lebendig.
Die Tonaufnahmen widerspiegeln die traditionelle Walliser Kultur – die Verankerung des Patois in den Sagen und Legenden der Täler und in der Landwirtschaft mit Ackerbau, Weinproduktion und Viehzucht.
Nachdem man aus dem Tunnel wieder ans Licht gekommen ist, steht man plötzlich in einem alten Radiostudio. An Hörstationen erzählen Patois-Fans und -Expertinnen in Interviews, was die Sprache für sie bedeutet und warum man sie erhalten sollte. Es ist der hoffnungsvoller Abschluss einer spannenden und gut umgesetzten Ausstellung.