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Flaggen vor dem Unesco-Hauptsitz in Paris, zu vorderst die der USA und Russlands.
Legende: Die amerikanische Flagge wird vor dem Unesco-Hauptsitz in Paris wohl bald verschwinden. Reuters

Austritt aus der UNESCO «Die Welt ohne solche Organisationen ist unvorstellbar»

Die USA und Israel treten aus der Unesco aus. Das hat mehr symbolische Strahlkraft als politische Folgen, sagt Völkerrechts-Professor Urs Saxer.

SRF: Die USA tritt aus der Unesco aus, Israel zieht mit. Kann man als Mitgliedstaat denn einfach so aus einer UN-Organisation austreten?

Urs Saxer: Das kann man. Das lassen die Grundlagen der Unesco zu.

Zur Person

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Porträt Urs Saxer.
Legende: Keystone

Urs Saxer ist Titularprofessor für Völkerrecht an der Universität Zürich.

Welche Signalwirkung hat ein solcher Schritt?

Solche Austritte sind selten. Normalerweise sehen Staaten die Notwendigkeit einer solchen Organisation ein. Von dem her hat der Austritt der USA und Israels eine grosse – und beabsichtigte – Signalwirkung.

Eine andere Frage ist aber, wie stark die Arbeit der Unesco durch diese Austritte beeinträchtigt wird. Die USA haben schon seit Jahren ihre Mitgliederbeiträge nicht mehr bezahlt (seit 2011 , Anm. d. R. ).

Sie haben somit auch ihr Stimmrecht in der Unesco verloren. Ich glaube daher nicht, dass der Austritt eine grosse reale Auswirkung auf die Unesco haben wird.

Ich glaube nicht, dass der Austritt eine grosse reale Auswirkung auf die Unesco haben wird.

Die Unesco setzt sich für Erziehung, Wissenschaft und Kultur ein. Etwas salopp gesagt: für harmlose Themen. Wie erklären Sie sich, dass die Organisation nun von den USA und Israel für politische Zwecke instrumentalisiert wird?

Es gibt natürlich einen grossen Unterschied zwischen der hochpolitischen Ausrichtung der UNO als Hauptorganisation und den Spezialorganisationen wie der Unesco, die weniger politisch sind in ihrer Ausrichtung. Aber die allgemeinpolitischen Probleme spielen auch hier eine Rolle.

Streit um Israel-Politik

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Die Unesco gehört zur UNO – sie ist die Sonderorganisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Der Grund für den Austritt der USA und Israels : Seit 2011 ist Palästina Mitglied. Während des Kalten Krieges 1984 traten die USA schon einmal aus der Unesco aus. Erst 2003 kehrten sie zurück.

Der Nahostkonflikt ist dafür ein gutes Beispiel: Hier hat sich die Kontroverse an der Unesco entzündet, weil diese Organisation als erste Palästina als neuen Staat und Mitglied anerkannt hat. Auch diese Anerkennung war eine symbolische Handlung – wie nun der Austritt der USA und Israels.

Was bringt dieser Austritt den beiden Staaten denn politisch?

Ich frage mich, was die USA mit diesem Schritt bezweckt. Denn mit der Kritik an der Unesco sind sie nicht alleine – andere bedeutende Staaten teilen sie.

Ausserhalb der Organisation wird die USA aber nichts mehr bewirken können. Sie schwächt möglicherweise eher diejenigen, die daran interessiert sind, dass es innerhalb der Organisation zu Reformen kommt. Aber wie gesagt, ich denke nicht, dass der reale Einfluss dieser Aktion gross sein wird.

Ist also alles halb so schlimm – viel Aufregung um nichts?

Es hat sicher mit Aufregung zu tun – aber der Schritt ist nichtsdestotrotz bedauerlich. Denn internationale Organisationen werden errichtet, um gemeinsame, globale Probleme anzupacken und zu bewältigen.

Internationale Organisationen werden errichtet, um gemeinsame, globale Probleme anzupacken.

Es ist wichtig, dass diese Organisationen existieren. Damit das möglich ist, sind sie abhängig von der Unterstützung ihrer Mitgliedstaaten. In der Regel sind diese auch davon überzeugt, dass es solche Organisationen braucht.

Wenn einer der wichtigsten Staaten austritt, dann ist das ein negatives Zeichen. Man muss sich nur vorstellen, weitere wichtige Staaten, wie etwa China oder Russland würden sich plötzlich aus UN-Sonderorganisationen verabschieden, weil sie mit einzelnen Entscheiden nicht einverstanden sind. Man kann sich die Welt ohne solche Organisationen eigentlich gar nicht vorstellen.

Das Gespräch führte David Vogel.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 13.10.17, 17.08 Uhr

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