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Badekulturen Im französischen Kurort Cauterets heilt alles

Im Kurort Cauterets heilen seit Jahrhunderten schwefelhaltige Quellwasser. Nicht nur was Rang und Namen hatte kam im 19. Jahrhundert hierhin zur Genesung. Auch namenhafte Künstler nutzten den Ort als Inspirationsquelle. Und noch heute scheint der Ort Geist und Seele zu beflügeln.

Ein kleines Stück blauer Himmel zwischen Felsen und dem mit Nadelbäumen bewachsenen Pic de Péguère (2316 ü.M.). In der Mitte ein Kirchturm. Das ist der Blick aus der Horizontale wenn man in einem der «Blubber-Betten» des Wellness-Bades «Bains du Rocher» liegt. Es riecht leicht nach Schwefel. Das 34 Grad warme Wasser sprudelt um die Badegäste herum. Die meisten lächeln. Entspannung pur.

«Le Tout Paris» in Cauterets

Die 74-jährige Lokalhistorikerin Marie-Paule Mengelle klettert über einen zugewachsenen, kaum erkennbaren Pfad hinauf zu einem kleinen, gallo-romanischen Becken aus Steinen im Wald. Hier hat alles begonnen. «Es war schwierig zu erreichen. Einige Badegäste liessen sich auf eigens dafür gezimmerten Stühlen hinauf tragen.» Auch der Weg bis zur Eröffnung der Thermes du César im Jahr 1844 war lang. Dieser Monumentalbau mit sechs Marmorsäulen und einer majestätischen Eingangstreppe markiert den Beginn des Goldenen Zeitalters von Cauterets als Thermalbad.

Das Motto «A Cauteresch taout egeresch», okzitanisch für «In Cauterets heilt alles», erreicht im 19. Jahrhundert Paris. Von nun an pilgert im Sommer «Le Tout Paris» in das kleine Pyrenäendorf. Wo früher einfache Hütten waren, entstehen Palasthotels. In einem reich verzierten Pavillon auf der neu errichteten Esplanade, unterhalten Konzerte und Theateraufführungen die Kurgäste. Schauspieler, Sänger und Politiker kommen nach Cauterets um ihre Stimmbänder zu kurieren. Auch Schriftsteller um Schreibblockaden zu lösen und sich nebenher von der gewaltigen Gebirgskulisse inspirieren zu lassen.

Kreativ beflügelt durch den Zauber der Natur

«Unter dem Vorwand, mich in heissem Wasser zu baden und Schwefel zu trinken, erlebe ich jeden Tag ein neues Naturschauspiel. Unerwartet und wunderbar», schreibt Victor Hugo 1843. Ebenso wie Amandine Aurore Lucile Dupin, die spätere George Sand. Statt zu baden, zieht sie einen Spaziergand an den tosenden Wassern des Gave vor. Der in zahlreichen Kaskaden von den Bergen runterstürzt. George Sand schrieb in ihr Reisetagebuch, die Pyrenäen hätten sie verändert, hätten ihre Begeisterung geweckt, sie zum Schreiben inspiriert, erzählt Brigitte Bellocq. Sie ist Spezialistin für kulturelle Führungen in den Pyrenäen.

Die kreative Energie Cauterets steckt auch Charles Baudelaire, Gustave Flaubert, Guiseppe Verdi und viele andere an. Heinrich Heine schreibt hier sein Versepos «Atta Troll». Der Ort sei eine Quelle der Inspiration, erklärt Bellocq. «Die Leute kommen, um ihre Gesundheit zu pflegen. Sie befreien sich aber auch von den Zwängen der Stadt, den Zwängen der Aristokratie.» Denn man dürfe nicht vergessen, dass sich nur die Aristokraten und Bourgeois damals eine solche Thermalkur leisten konnten. Diese Befreiung und das Gefühl der Symbiose mit der Natur hätten die Inspiration ausgelöst. Das Gefühl an einem Ort mit besonderer Energie zu sein, das erfahren Besucher auch heute noch. Brigitte Bellocq: «Ich kann Ihnen zwar keine aktuell berühmten Namen nennen, aber viele hinterlassen Zeugnisse dieser Inspiration, ob nun in Form eines Gemäldes, einer Skulptur oder eines Gedichtes.»

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