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Gesellschaft & Religion Bei diesem Zürcher Modelabel trägt frau die Rebellion mit

In den 1970er-Jahren sorgten in Zürich drei Frauen für Furore: Sie gründeten das Modelabel Thema Selection. Statt biedere Röcke zu entwerfen, kokettierte die Marke mit den Geschlechterrollen. Bis heute ist Thema Selection mehr als Mode. Es ist Rebellion im androgynen Kleid.

Es ist gross, es ist dick, es ist ein Ereignis: das Buch «Female Chic» dokumentiert die Geschichte des Zürcher Modelabels Thema Selection. Dazu gehören auch Kunst, Kultur und Politik.

Kein mafiöses Modelabel

Der Name Thema Selection sei beim Brainstorming entstanden, sagt Sissi Zöbeli, Mitbegründerin und heutige Besitzerin des Labels und des zugehörigen Ladens in der Zürcher Altstadt: «Wir begannen mit Cosa Nostra, dachten auch an Mafia. Doch diese Namen funktionierten nicht. Und Thema Selection ist eine Wortkombination, die man in der Mode anwendet.» Wenn Mode-Kollektionen entstehen, haben sie meist ein Thema – wie etwa «Blumen». Das Kollektiv von Thema Selection macht aber bis heute die Auswahl – die Selection – zum Thema des Modelabels. Und somit auch zum Ladeninhalt.

«Es sind Kleider, in denen man sich wohlfühlen muss, die aber trotzdem eine kleine Uniform sind», so Sissi Zöbeli. Kleider für emanizipierte Frauen jenseits der Latzhose, Kleider mit eleganten Schnitten aus Stoffen für Männeranzüge und androgyne Jacken und Blusen, die man mit Jupes tragen soll. Wohlgemerkt: Jupes, mit denen man auch Fahrrad fahren kann.

Im kämpferischen Kleid

Die Skizzen von Kleidern, die Fotos von Modeschauen, Theaterstücken, Ausstellungen, alte Zeitungsartikel und Notizbücher-Collagen sowie verschiedene Textbeiträge im Buch zeigen: Das Kollektiv von Thema Selection bestand aus Frauen und Männern, die Spuren in der Limmatstadt hinterlassen haben, die widerborstig waren, sich vergnügt haben, sich aber auch kämpferisch gegen die bestehenden Verhältnisse auflehnten und wilde Parties feierten. Sissi Zöbeli relativiert jedoch: «So wild war es nicht! Heute ist das selbstverständlich, aber früher musste man dafür kämpfen».

Buchhinweis

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Gina Bucher (Hg.): «Female Chic. Thema Selection – Geschichte eines Modelabels». Edition Patrick Frey, 2015.

Das Kollektiv rund um Thema Selection hat die ersten Häuser von Zürich besetzt, Wohngemeinschaften gegründet, feministische Theater auf die Bühne gebracht, Ausstellungen organisiert – und mit der Mode international Furore gemacht. Zu den Weggefährten gehören die Kunsthistorikerin Bice Curiger sowie der verstorbene Maler Sigmar Polke und der Verleger und Galerist Walter Keller, der ebenfalls kürzlich verstorben ist.

Pausenlose Neugierde

Sissi Zöbeli wie auch ihre Mitstreiterinnen sind ausdauernd. Auf die Frage, ob sie jemals Pause mache, um neue Ideen zu schöpfen, antwortet sie entsetzt: «Pause? Vom Ideenfinden und -suchen muss man sich nicht erholen».

Blättert man durch «Female Chic», wird schnell klar: Sissi Zöbeli hat viele Ideen und bringt diese in Zeichnungen und Skizzen zu Papier. Die Ideen, so Zöbeli, würden ihr «zufliegen». Sie sei «einfach nur neugierig».

Eine Zeitreise ins vergangene Zürich

Thema Selection ist sehr viel mehr als ein Kleiderlabel und ein Geschäft mit schönen Kleidern. «Female Chic» ist ein Buch, in dem man sich verlieren und vertiefen kann. Es führt einen auf eine Zeitreise in die 1970er- und 1980er-Jahre in Zürich. Dazu gehört eine Vielzahl von Aspekten, wie es im Buch heisst: «Das Gesamtpaket von Thema Selection war und ist bis heute: politisch, kunstaffin und glamourös».

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 22.3.2016, 6.50 Uhr.

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