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Der Jäger des essbaren Schatzes
Aus Kulturplatz vom 15.07.2015.
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Besessen vom Essen Ein griechischer Foodscout ringt mit der Krise

Meerfenchel, Meeresspargel, Meerestang: Mit diesen kulinarischen Spezialitäten beliefert Sotiris Lymperopoulos die Spitzenrestaurants Griechenlands, aber auch von Paris und London. Bis vor Kurzem war er noch zuversichtlich. Jetzt bekommt er die Bankenschliessung stark zu spüren.

Wir treffen Sie in Korinth, anderthalb Autostunden von ihrem Wohnort entfernt. Das Benzin für die Anreise mussten sie bar zahlen. Das kostet Sie schon mehr als das, was Sie pro Tag von der Bank beziehen dürfen. Was trifft Sie in dieser Krisensituation am meisten?

Sotiris Lymperopoulos: Dass die Restaurants leer sind. Das ist logisch, denn es muss alles bar bezahlt werden. Es ist unmöglich, zu einer Bank zu gehen und mit einer Kreditkarte zum Beispiel 100 Euro abzuheben. Jeder kann nur 60 Euro pro Tag beziehen. Wir haben Kunden, also Restaurants, die seit zwei Wochen geschlossen haben. Sie sagen, es gebe keinen Anlass zu arbeiten. Sie schicken ihre Belegschaft in die Ferien und schliessen.

Kulturplatz tischt auf

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«Besessen vom Essen» heisst die vierteilige Sommerserie vom Kulturplatz, bei der sich alles rund um das grosse Gesellschaftsthema Ernährung und Essen dreht: immer mittwochs um 22:25 Uhr auf SRF 1. Videos, Beiträge und unsere Lieblingsrezepte finden Sie im Online-Special.

Was heisst das für Ihr Geschäft?

Weil die Leute kein Geld zum Ausgeben haben, gehen sie auch nicht zum Essen aus. Unser Einkommen ist in den letzten zwei Wochen um 70 Prozent gesunken, weil die Arbeit unserer Kunden stillsteht. Wir können das Gemüse in unseren Kühlschränken nicht mehr verkaufen. Wir müssen es wegwerfen, weil wir keine Möglichkeit haben, es zu konservieren. Wenn das so weitergeht, verlieren wir täglich mehr Geld.

Was bedeutet diese grosse Krise für die Zukunft?

Für mich ist die wahrscheinlichste Folge, dass die meisten Firmen Griechenland verlassen werden. Und dass die Menschen ärmer werden. Also werden weniger Leute auswärts essen und noch weniger werden sich gute Essensqualität, die wir liefern, leisten können.

Wie soll es denn mit Ihrem Geschäft weitergehen?

Export ist die einzige Lösung. Bis jetzt exportierten wir nur 20 Prozent unserer Waren. Auch schon vor der Krise wollten wir diese Rate auf 40 Prozent erhöhen. Jetzt werden wir unser Businessmodell nochmals überdenken und uns voll auf den Export konzentrieren. In Paris und London haben wir schon Restaurants als Kunden. Jetzt suchen wir in der Schweiz und in Deutschland. Wir glauben, dass es auf dem griechischen Markt in den nächsten fünf Jahren sehr schwierig sein wird.

Was heisst die Eskalation der Krise für Sie persönlich?

Persönlich berührt mich das Ganze nicht so arg, weil ich Selbstversorger bin. Meine Familie ernährt sich fast ausschliesslich von den Früchten und dem Gemüse, das ich finde und kultiviere. Ich lebe mit meiner Familie in einem kleinen Dorf. Wir brauchen nicht viel Geld. Wir tauschen: Für unser Gemüse erhalten wir zum Beispiel Fisch. In kleinen Gemeinschaften ist das Leben auch in der grossen Krise einfacher.

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