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Bestattung und Nachhaltigkeit Wie man umweltfreundlich unter der Erde liegt

Selbst nach unserem Tod haben wir einen ökologischen Fussabdruck. Schuld sind weder Urne noch Sarg, sagt der Experte.

Sterben müssen wir alle. Doch welche Bestattungsform ist die nachhaltigste? Die Antwort mag Laien erstaunen: «Ob Erd- oder Feuerbestattung spielt keine Rolle. Der Grabschmuck macht den Unterschied», weiss Stefan Brunner. Der Produktverantwortliche der Friedhöfe, Sport- und Badeanlagen von Grün Stadt Zürich befasst sich mit der Gestaltung von Friedhöfen aus gärtnerischer Sicht.

Grabstein eines Gemeinschaftsgrabes für Urnen mit üppiger Bepflanzung.
Legende: Das Thema Nachhaltigkeit berührt alle Aspekte des Lebens – so auch die Beerdigung. Gemeinschaftsgräber schneiden in puncto Nachhaltigkeit gut ab. IMAGO / Bernd Friedel

Als Brunner vor acht Jahren auf den städtischen Friedhöfen eine ökologische Dauerbepflanzung einführen wollte, liess Grün Stadt Zürich eine Studie erstellen, die den ganzen Bestattungsprozess hinsichtlich ihres ökologischen Fussabdrucks analysieren liess. Eine Bestattung verursache ungefähr gleich viel Umweltbelastung wie zwölf Tage Leben, sagt Brunner. «Durch Optimierungen kann diese auf die Hälfte gedrückt werden.»

Umweltfreundliche Gemeinschaftsgräber

Die nachhaltigste Form der Bestattung sei ein Platz in einem Gemeinschaftsgrab mit einer ökologischen Dauerbepflanzung, erklärt Brunner. Die Bestattung im Gemeinschaftsgrab werde immer häufiger nachgefragt. Doch wenn die verwendeten Pflanzen nicht aus einheimischer Produktion stammten – oder gar aus beheizten Gewächshäusern – vergrössere sich der ökologische Fussabdruck wieder.

Noch ein wenig ökologischer ist es, wenn man seine Asche in einem dafür vorgesehenen Waldstück beisetzen lässt oder sie in der Natur verstreut. Das ist in der Schweiz legal. Anders als in anderen Ländern herrscht hierzulande kein Friedhofszwang, sondern Aschefreiheit. Die allermeisten Menschen möchten jedoch auf einem Friedhof beigesetzt werden, sagt Brunner. Deshalb sei die Frage der Nachhaltigkeit hierbei wichtig.

Gemeinschaftsgräber fördern Biodiversität

Wer sich in einem Gemeinschaftsgrab beisetzen lässt, fördert indirekt auch die Biodiversität. Da der Anteil der Gräber an der Gesamtfläche eines Friedhofs ständig sinkt, gibt es mehr Platz für einheimische Pflanzen und Tiere: «Orchideen, Igel, Eidechsen und viele Brutvögel fühlen sich bei uns besonders wohl», erklärt Hansjürg Engel von Stadtgrün Bern bei einem Rundgang im Bremgartenfriedhof.

Herbstbepflanzung eines Grabes
Legende: Lokale Bepflanzungen und möglichst dauerhaft: das ist der Schlüssel, um Gräber möglichst nachhaltig zu gestalten – wie hier im Bremgartenfriedhof Bern. Christian Walther

Zurzeit bereiten Mitarbeitende von Stadtgrün Bern die traditionellen Gräber – also die Familien- und Reihengräber – mit Calluna, Erica und Tannenzweigen für den Winter vor. Drei Mal pro Jahr wird neu gepflanzt. Verwendet werden ausschliesslich torffrei produzierte Pflanzen. Das sieht zwar schön aus, ist aber aufwändiger, teurer und schädlicher für die Umwelt als eine Dauerbepflanzung.

Für Sterbende und ihre Angehörigen hat die Nachhaltigkeit der Bestattungsform keine Priorität, wie eine Umfrage unter Pfarrpersonen zeigt. Da aber der Trend eindeutig Richtung Gemeinschaftsgrab weist, wird der ökologische Fussabdruck von Beisetzungen in Zukunft sowieso weiter abnehmen.

SRF 1, Sternstunde Religion, 23.10.2022, 10:00 Uhr

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