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Bjarke Ingels Auf diese Architektur muss man einfach abfahren

Er koppelt die Kehrichtverbrennung mit einer Skipiste und baut Hochhäuser mit Hüftschwung. Bjarke Ingels ist der Architekt der Stunde.

Müllverbrennungsanlagen machen selten positive Schlagzeilen. Es sei denn, sie befinden sich in Kopenhagen. Seit dort das Projekt namens «Copenhill» vor knapp einem Jahr eingeweiht wurde, wird es mit Preisen überhäuft.

Copenhill ist nämlich nicht nur eine Kehrichtverbrennungsanlage, sondern auch ein künstlicher Berg. Man kann ihn erklettern, bewandern oder als Skipiste benutzen. Ein Hingucker. Oder wie es unter Architektinnen und Architekten gerne heisst: ein Landmark.

Eine Stadt, in der Rauch aufsteigt
Legende: Ski fahren auf der Verbrennungsanlage: Bjarke Ingels Projekt Copenhill wurde im Oktober 2019 fertiggestellt und zeigt, wie nachhaltiges Leben in der Stadt zukünftig aussehen könnte. Keystone / NIELS CHRISTIAN VILMANN

Eine Stadt, die sich in die Höhe schraubt

Ausgedacht hat sich diese urbane Landschaft ein Team um den dänischen Architekten Bjarke Ingels. Dieser lernte einst beim Niederländer Rem Koolhaas.

«Von Koolhaas hat sich Ingels die Idee der vertikalen Stadt, die sich in die Höhe schraubt, ausgeliehen», erklärt Niklas Maak, Architekturkritiker und Journalist bei der «FAZ».

Wo ein Berg vorhanden ist, wird er in das Gebäude integriert. So geschehen beim Schweizer Museum der Uhrenmanufaktur Audemars Piguet im Vallée de Joux.

Ein schneckenförmiges Gebäude mit einer Wiese und Häusern drumherum
Legende: Sieht aus wie eine Spiralfeder: Die Uhrenmanufaktur Audemars Piguet im Vallée de Joux, die Bjarke Ingels entworfen hat, wurde 2020 fertiggestellt. LAURENT GILLIERON / Keystone

Die vertikale Stadt

Im Flachland baut man sich den Hügel selbst, in dem man das Gebäude terrassiert. Das ergibt eine visuell interessante, oft verschachtelte Architektur. Aber es braucht auch mehr Platz.

Wenn man jedoch jeder Wohnung einen grünen Garten schenkt, wird die der Natur genommene Fläche zumindest teilweise kompensiert. Eine derartige Kleinstadt entsteht gerade auf einer alten Industriebrache in Japan.

Treibende Kraft hinter der begrünten, mit viel Holz errichteten Fassade des «Woven City» ist Toyota. Der Noch-Autokonzern interessiert sich für eine autofreie, technisch vernetzte und durch Robotik geprägte Zukunft.

Für den technologiebegeisterten Ingels seien solche Projekte typisch. Er pflege einen relativ sorglosen Umgang mit der sich immer stärker vernetzenden Umwelt, meint Niklas Maak.

Ingels arbeitet global und nachhaltig

Bjarke Ingels denkt gross. Schliesslich lautet das Akronym seiner Firma nicht umsonst «BIG» (für Bjarke Ingels Group). In Frankfurt am Main errichtete er den Omniturm – ein Hochhaus, das aussieht, als hätte man es mitten in einem Hüftschwung eingefroren.

Das Gebäude enthält auf halber Höhe eine über mehrere Stockwerke verdrehte Achsenverschiebung. Somit ermöglicht Ingels terrassiertes Wohnen auf fast 100 Meter über Boden – und spart viel Fläche.

Nachhaltigste Möbelfabrik der Welt

In Norwegen baut er zur Zeit die nachhaltigste Möbelfabrik der Welt. Und im chinesischen Chongqing soll er den Hauptsitz der weltweit grössten Firma für künstliche Intelligenz entstehen lassen.

2009 schlug Ingels Aserbaidschan ein Megaprojekt zur Imagepflege vor: Auf einer Insel vor Baku im Kaspischen Meer wollte er die Silhouette der höchsten sieben Gipfel des Kaukasus nachbauen. Ein ökologisches und klimaneutrales Resort mit Marina und Goldplatz sollte draufgesetzt werden.

Für die Rettung der Erde vor den Gefahren des Klimawandels hat Ingels das Projekt «Masterplanet» entworfen. Gigantische, verdichtet gebaute Städte, die untereinander vernetzt sind und kommunizieren – unter anderem über die beste Methode zur Müllbeseitigung.

SRF1, Sternstunde Kunst, 11.04.2021, 11:55 Uhr.

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