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Buchverbote an den Schulen In den USA fallen immer mehr Bücher dem Kulturkampf zum Opfer

In den USA verschwinden mehr und mehr Bücher über Rassismus oder LGBTQ-Themen aus dem Schulunterricht und aus den Bibliotheken. Doch nun formiert sich Widerstand.

«Es ist ein Kampf zwischen Gut und Böse», erklärte die christliche Aktivistin Eva Carter jüngst gegenüber dem New York Times Magazine. Die Texanerin gehört zu den «Moms for Liberty».

«Mütter für Freiheit» ist mit rund 200 Ortsverbänden die grösste der Vereinigungen, die sich in den USA in wachsender Zahl dafür einsetzen, dass bestimmte Bücher aus öffentlichen und Schulbibliotheken und von Lehrplänen verschwinden.

Einer Umfrage des Schriftstellerverbandes PEN America zufolge wurden allein 2022 über 1600 Titel angefochten. Das sind mehr als je zuvor.

Lange Verbotstradition

Bücherverbote haben in den Vereinigten Staaten eine lange Geschichte. Man hat sich fast schon daran gewöhnt: Ausgerechnet in der Nation, welche die Redefreiheit auf einen turmhohen Sockel stellt, landen selbst Klassiker wie George Orwells «1984» oder Mark Twains «Abenteuer des Huckleberry Finn» regelmässig auf schwarzen Listen. Im Gegensatz zu früher sind die gegenwärtigen Anstrengungen jedoch besser koordiniert, besser organisiert und besser finanziert.

Das Zensurmuster ist deutlich: Beanstandet werden in erster Linie Bücher mit LGBTQ-Inhalten und/oder nicht-weissen Figuren. Ta-Nehisi Coates’ internationaler Bestseller «Zwischen der Welt und mir» etwa. Darin erklärt der Autor seinem Sohn in Form eines Briefes, was es heisst, heute als Schwarzer im Amerika der Gegenwart aufzuwachsen.

Angefeindet werden auch die Bücher der bekannten Cartoonistin Alison Bechdel. Bechdel ist lesbisch, einige der Figuren in ihren oft autobiografischen Comics sind es ebenfalls.

Ein alter Mann mit Löwenmähne und Seehundschnauz in einem Korbstuhl sitzend
Legende: Steht oft wegen der sexuellen Orientierung ihrer Figuren in der Kritik: die US-amerikanische Cartoonistin Alison Bechdel. Getty Images / Hulton Archive

Traditionell sind Bücherverbote von rechts und von links angestrebt worden. In diesem Fall gehen die Angriffe aber eindeutig von konservativen Kreisen in republikanischen Bundesstaaten aus.

Ausweitung der Kampfzone

Was wo gelesen werden darf, ist zu einem politischen Instrument und einem Teil des breiteren Kulturkampfes geworden, der sich in den USA zurzeit abspielt. Einst wurden Romane wie James Joyces «Ulysses» oder Vladimir Nabokovs «Lolita» wegen angeblicher Obszönität zensiert. Heute geht es nicht mehr um Prüderie, sondern um Ideologie.

Zwei Männer, die einer Buchhandlung stehend «Lolita» lesen.
Legende: Männer, die in aller Öffentlichkeit «Lolita» lesen ? Wladimir Nabokovs Skandal-Roman kam in den USA mit Verspätung in die Buchläden. Getty Images / Hulton Archive

In Grossstädten wie New York und Los Angeles reagieren Bibliotheken und Schulen mit lautstarken Gegenaktionen. So hat die Brooklyn Public Library einen QR-Code ins Netz gestellt, der Leserinnen und Lesern überall im Land den Zugriff auf angefochtene Titel ermöglicht.

Eine Lehrerin in Oklahoma, die ihre Klasse auf den Code hinwies, wurde jedoch umgehend freigestellt. Es häufen sich Berichte aus kleineren Gemeinden, in denen Bibliothekarinnen und Lehrer eingeschüchtert werden, die sich weigern, gewisse Titel aus den Regalen und von Lehrplänen zu nehmen.

Eine Frau vor der Türe eines Buchladens, der sich für das Lesen verbotener Bücher stark macht
Legende: Der Reiz des Verbotenen bleibt ein Verkaufsargument: Die Zahl der angefochtenen Bücher steigt in den USA – aber gerade junge Leute wissen sich zu helfen. Getty Images

Womit die Lektüre-Kontrolleure offenbar nicht gerechnet haben, ist der Reiz, der von Verboten ausgeht. Während sich Erwachsene Grabenkämpfe liefern, schliessen sich nämlich mehr und mehr Teenager zu «Banned Books»-Clubs zusammen.

Hier lesen sie genau die Bücher, vor deren verderblichen Einflüssen sie angeblich geschützt werden sollen. Was gut und was böse ist, wollen sie selbst herausfinden.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 26.9.2022, 8:15 Uhr

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