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Ein Sexshop mit christlichen Werten
Aus Blickpunkt Religion vom 02.02.2020. Bild: Getty Images / South_agency
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Christlicher Sexshop «Euch schickt der Himmel!»

Sex ist in freikirchlichen Kreisen oft kein Thema. Das wollten vier junge Männer ändern und haben einen Sexshop eröffnet – einen mit christlichen Werten.

Dildos ja, Pornos nein. So lässt sich die Philosophie der vier jungen Männer aus Deutschland zusammenfassen. Im Webshop von «schönerlieben» finden sich Vibratoren und Penisringe, Duftkerzen oder Ratgeberliteratur zu besserem Sex in der Partnerschaft.

Auf den ersten Blick sieht der Onlineshop fast nach Partnerbörse aus: bunt, mit Herzchen und Ananas, Fotos von lachenden Pärchen. Bilder von barbusigen Frauen in Netzstrümpfen oder potenten Männer sucht man vergebens.

Ein bewusster Entscheid, erklärt Jonathan Peters, einer der vier Gründer des christlichen Sexshops: «Wir haben alles auf Paare ausgerichtet. Sie können bei uns gemeinsam shoppen, ohne abgelenkt zu werden.»

Darum geht es den Firmengründern, wenn sie von christlichen Werten sprechen: um den respektvollen Umgang innerhalb der Partnerschaft.

Und gleichgeschlechtlicher Sex?

Klar wird auch: Hier werden heterosexuelle Paare angesprochen. Typische Sexspielzeuge für Schwule und Lesben wie Analplugs (eine Art Stöpsel für den Anus) oder Strap-ons (Dildos zum Umschnallen) findet man nicht.

Was also ist mit homosexuellen Kunden? Sind sie unerwünscht? Die Frage drängt sich auf, weil konservative Kirchenkreise oft Mühe bekunden mit gleichgeschlechtlichem Sex.

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Kann denn Sex Sünde sein?
Aus Sternstunde Religion vom 02.02.2020.
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«Wir wollen echt niemanden ausschliessen», betont Wellington Esteva, auch er ein Mitbegründer. Doch er gibt zu: Bei Artikeln für Schwule müssten sie aufholen.

Und Jonathan Peters ergänzt: «Zu Beginn hatten wir ein sehr softes Angebot. Wir wollten die Leute nicht abstossen.» Sie seien dran, die Produktepalette für Homosexuelle auszubauen. Zu sehen ist davon noch nicht viel.

«Euch schickt der Himmel»

Jonathan Peters begründet den Verzicht auf Sexspielzeuge für Schwule und Lesben mit der Rücksicht auf die Kundschaft. Doch diese zeigte sich viel offener als gedacht – bei den Produkten, aber auch der Idee eines christlichen Sexshops gegenüber.

Jonathan Peters erzählt von einem Telefonat mit einem 85-jährigen Mann. «Er sagte uns: ‹Euch schickt der Himmel.› Es sei an der Zeit, dass das Thema offen angegangen würde.»

Fünf Personen stehen hinter einem Tisch mit Sexspielzeug.
Legende: Jonathan Peters (2.v.l.), Wellington Esteva (2.v.r.) und ihr Team an ihrem Stand zum evangelischen Kirchentag 2019 in Dortmund. Privat

Der Mann bestätigte die eigenen Erfahrungen der Firmengründer in ihrer Freikirche. «Alle haben Sex, aber keiner redet drüber. Es fehlt ein Bewusstsein für die eigene Sexualität und vor allem eine offene Gesprächskultur», sagt Wellington Esteva.

Weniger Gegenwind als erwartet

Das Bedürfnis nach Aufklärung, nach Gesprächen und einem offeneren Umgang mit Sex und Lust sei aber vorhanden. «An christlichen Festivals gibt’s jeweils lange Schlangen bei unserem Stand», sagt Esteva. «Die Leute wünschen sich, ohne Scham über Sex reden zu können.»

Kritik gebe es auch, aber sehr selten, meist in der Form der generellen Ablehnung des christlichen Sexshops. Die Firmengründer hatten mehr Gegenwind erwartet.

Trotz der wachsenden Offenheit sind Peters und Esteva überzeugt: Es gibt noch viel zu tun. «Die Menschen in unserem freikirchlichen Umfeld befassen sich noch zu wenig mit der einigen Sexualität. Und es fehlt an Wissen», sagt Esteva. Es sei noch ein langer Weg zu einem wirklich unverkrampften Umgang mit Sex und Lust.

Sendung: Blickpunkt Religion, Radio SRF 2 Kultur, 02.02.2020, 08:08 Uhr

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