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Corona-Lexikon «Freiluftnase» und «Impfwitz» – neue Wörter dank Corona

«Superspreader» forever? Ein Corona-Lexikon zeigt, wie stark sich unser Wortschatz im letzten Jahr verändert hat. Ob die Wortneuschöpfungen für immer bleiben?

Die Pandemie verändert auch unsere Sprache. Während uns Wörter wie «Superspreader» und «Lockdown» vor zwei Jahren noch fremd waren, sind sie mittlerweile fester Bestandteil in Unterhaltungen.

Die Redaktion der «Berner Kulturagenda» (kurz: «BKA») hat sich deshalb genauer mit den Wörtern auseinandergesetzt, die in Zeiten von Covid entstanden sind. Das Ergebnis ist ein Corona-Lexikon, das die Neuschöpfungen humorvoll erklärt.

Impf-Protektionismus, der

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[lateinisch «protectio»: Schutz] Meint das Beschützen und Horten von Covid-19-Impfstoff in Ländern oder Staatenverbünden wie der Europäischen Union.

Mehr als eine Wortsammlung

Ihr Corona-Lexikon ist aber nicht nur ein Online-Nachschlagewerk. Es ist ein Tagebuch, eine Reflexion über die Pandemie.

Ein Spiegel der aktuellen Diskussion, an dem die stellvertretende «BKA»-Redaktionsleiterin Katja Zellweger und ihre Kollegin Sandra Dalto seit Beginn der Pandemie schreiben.
Impfwörter kommen zurzeit besonders häufig vor.

Impfwitz, der

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Spezifische Sub-Kategorie von Corona-Humor.

Oder:

Impfschiff, das

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Neue Wortzusammensetzung. Bezeichnet erstes mobiles Impfzentrum in der Schweiz, das auf Gewässern unterwegs ist.

Die MS-Thurgau im Hafen von Romanshorn erlangte grosse Aufmerksamkeit durch die Einweihung durch Bundesrat Alain Berset, der sogleich auf die neue Wortschöpfung hinwies. «Ich habe ein neues Wort gelernt.»

Unsere Sprache verändert sich schneller

«Pandemien wirken wie ein Katalysator auf unsere Sprache. Unser Wortschatz verändert sich in Krisenzeiten viel schneller als in Zeiten, in denen es politisch und gesellschaftlich stabil ist», bestätigt auch Adrian Leemann, Sprachwissenschaftler an der Universität Bern.

In ruhigen und friedlichen Zeiten verändere sich Sprache auch – aber eben viel langsamer. Das sei immer schon so gewesen, so der Sprachforscher.

Früher gab es keine «U-Boote»

«Jedes Ereignis prägt sich in die Sprache ein». Die Frage ist nur: Wie nachhaltig sind diese Veränderungen?

Man wisse etwa aus dem Ersten Weltkrieg, dass es das Wort U-Boot bis 1914 nicht gab, so Lehmann.
«Früher hiessen diese Objekte «Unterseeboot» oder «Tauchboot». Der Erste Weltkrieg hat hier den Wortschatz geprägt.

Das passiere jetzt auch: «Superspreader», «Covid Angel», «Terrassen-Knatsch» und «Maskenpflicht»: All diese Begriffe sind im vergangenen Jahr erst entstanden.

Ein Schild auf dem «Maskenpflicht» steht
Legende: «Maskenpflicht»: Vor der Pandemie noch ein Fremdwort für uns. Unsplash

Für unsere Kommunikation sei das notwendig: «Wir brauchen diese sehr detaillierte Sprache, um genau zu beschreiben, was uns beschäftigt. Dieser soziale Leim aus Sprache verbindet uns, um uns in der Krise auszutauschen.»

Wort-Not macht erfinderisch

Ohne Corona-Wortschatz könnten wir in der Pandemie nicht mitreden, so Leemann. «Denn wenn es solche Krisensituationen wie Kriege oder Pandemien gibt, fehlt uns anfangs das Vokabular. Mit der Zeit werden wir aber erfinderisch.
»

So entstehen dann Wörter wie «Knuffel-Kontakt» oder «Quarantäne-Hammer». Die meisten dieser Pandemie-Wortschöpfungen würden jedoch wieder verschwinden, sobald die Krise ausgestanden sei, sagt Sprachwissenschaftler Leemann.

Denn ein Wort halte sich nur langfristig in unserem Wortschatz, wenn es über lange Zeit und ständig in Gebrauch sei. Ein Wort wie «Ski-Scham» wohl weniger.

«Freiluftnase» ist der neueste Eintrag von Katja Zellweger auf der Webseite der Berner Kulturagenda. Er zielt auf Menschen, die ihre Maske nicht korrekt tragen.
Wer weiss, ob dieses Wort auch in Zukunft Bestand haben wird. «Chinavirus» schon eher. Und «Covid» erst recht.

Sendung: SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 12.04.2021, 17:20 Uhr. ; 

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