Was heute das MMS, war damals die Postkarte: Die Soldaten, die während des Ersten Weltkriegs die Grenzen bewachten, schrieben hunderttausende davon. Sie waren ihr einziges Mittel, um mit ihren Liebsten zu kommunizieren. Rund 1000 Fotopostkarten aus der Zeit des Ersten Weltkriegs hat die Fotostiftung Schweiz zusammengetragen. 650 davon sind nun in Winterthur in der Ausstellung «Bilder von der Grenze» zu sehen. Es ist eine Fülle von Motiven und Geschichten.
Individuelle Grüsse aus dem Aktivdienst
Die Amateur-Fotografie war damals gross im Kommen. So mancher kaufte sich eine der modernen, kompakten Kameras und knipste drauf los. Gleichzeitig kam die Fotopostkarte auf: ein kartoniertes Fotopapier im üblichen Format, mit Adressfeld und Platz für ein paar Zeilen. Die Soldaten an der Grenze liessen aus ihren Fotos solche Karten fertigen.
Die Motive sind vielfältig: Von der Porträt-Aufnahme auf dem Feld, über Alltagssituationen, nachgestellte Gefechtsübungen bis hin zu wunderbar schrägen Parodien. Da sehen wir beispielsweise 15 Männer in Uniform beim Tänzchen in Reih und Glied. Möglich war solches nur, weil sich die Armeezensur noch kaum um dieses Medium gekümmert habe, wie der Kurator der Ausstellung Peter Pfrunder erklärt.
Kunst und charmante Knipserei
Die Fotos sind von ganz unterschiedlicher Qualität. Manch ein Amateurfotografen bewies aber ein gutes Auge und schoss Bilder von grosser Ausdruckskraft. Viele Bilder sind jedoch etwas wacklig, unscharf, über- oder unterbelichtet. Dies hat, aus heutiger Sicht, einen ganz eigentümlichen Charme.
Die Ausstellung im Fotomuseum Winterthur gibt einen sehr persönlichen, bisweilen intimen Einblick in den Alltag des gewöhnlichen Soldaten: Zu Lesen sind Liebesgrüsse genauso wie Sockenbestellungen an die Mutter daheim. Eine Ausstellung, die einen zum Schmunzeln bringt und gleichzeitig eine bisher kaum bekannte historische Quelle erschliesst.