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Dichterin und Nonne Silja Walter – mit tanzenden Worten die Menschen bewegen

Sie dichtete im Kloster, erreichte aber Menschen weit über die Klostermauern hinaus: Heute würde Silja Walter 100. Ein Porträt.

Dichtend, schreibend, meditierend: So holte Silja Walter die Welt ins Kloster. Gleichzeitig trug sie mit ihren Büchern biblische Stoffe und religiöse Inspiration in die Welt hinaus.

Mehr als 60 Jahre lebte Silja Walter als Ordensfrau und Schriftstellerin im Kloster Fahr nahe der Stadt Zürich. 2011 ist sie gestorben. Heute, am 23. April 2019, wäre sie 100 Jahre alt geworden.

Draussen, am Rand der Stadt

Mit ihrem «Gebet des Klosters am Rand der Stadt» machte Silja Walter ihr Kloster Fahr bei Unterengstringen bekannt.

«Gebet des Klosters am Rand der Stadt» (Auszug)

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Legende: Keystone / Steffen Schmidt

Jemand muss es glauben,

zuhause sein um Mitternacht,

um dir das Tor zu öffnen

und dich einzulassen,

wo du immer kommst.

Herr, durch meine Zellentüre

kommst du in die Welt

und durch mein Herz

zum Menschen.

Was glaubst du, täten wir sonst?

Wir bleiben, weil wir glauben.

Zu glauben und zu bleiben

sind wir da, –

draussen,

am Rand der Stadt.

Das ganze Gedicht (PDF)

Auch daneben hinterliess sie ein umfangreiches und preisgekröntes literarisches Werk: Gedichte und Prosa, Gebete und Meditationen, Hymnen und Messtexte, Theaterstücke und Schauspiele.

Sternzeichen: zweimal Stier

Irene Gassmann ist die Vorgesetzte, die Priorin der Gemeinschaft der Benediktinerinnen im Kloster Fahr und hat Silja Walter als Mitschwester erlebt.

Schwester Hedwig – so hiess Silja Walter im Kloster – stammte aus der Verlegerfamilie Walter, Priorin Irene Gassmann ist auf einem Bauernhof aufgewachsen.

«Wir haben uns gefunden, trotz Standesunterschied», sagt Gassmann. Und fügt schmunzelnd hinzu: «Vielleicht lag es daran, dass wir am gleichen Tag Geburtstag feiern konnten. Wir sind beide Stiere.»

Zügiger Schritt, lebendige Person

Bezaubernd, selbstbewusst, diszipliniert und entschlossen, eine Person, mit der man Pferde stehlen kann: So werden Stiere in gängigen Horoskopen gerne beschrieben.

Traf das auf Silja Walter zu? Wie hat Priorin Irene Gassmann sie als Mensch erlebt? «Sie war eine sehr vitale Frau, körperlich und geistig. Ich erinnere mich an ihren aufrechten Gang, ihren zügigen, fast tänzerischen Schritt, mit dem sie durch den Gang oder den Garten marschiert ist.»

Ihre Lebendigkeit und Vitalität bewahrte sich Silja Walter bis zuletzt. Zum 80. Geburtstag wünschte sie sich einen Computer und zum 90. einen Internetanschluss.

Bewegte Poesie

«Gottes Fische singen, schnappen nach den Sternen nachts und singen vom Meer» oder «Der Garten, die Küche und das Herz der Nonne sind voll singenden Feuers»: Es sind solche Bilder in den Texten von Silja Walter, die faszinieren.

Sie erinnern an die biblische Botschaft, sind voller Inspiration, Widerstand, Kraft und Schönheit – wie ein Tanz.

Der Tanz kommt als Motiv immer wieder in den Texten von Silja Walter vor. Sie tanzte manchmal selbst in ihrer Zelle oder auf einem Klostergang. Der Tanz war für Silja Walter eine Art kindliches Dasein, bei dem sie dem Rhythmus der Musik folgte, sich führen liess.

Silja Walter

Schriftstellerin und Ordensfrau

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Silja Walter kam am 23. April 1919 in Rickenbach bei Olten als zweites von neun Kindern zur Welt. Ihr jüngster Bruder war der Schriftsteller Otto F. Walter. 1948 trat Silja Walter ins Kloster Fahr ein und hiess fortan Schwester Maria Hedwig. Sie starb am 31. Januar 2011.

Website Silja Walter

Das Leben ist ein Tanz

Bei den Vorbereitungen zum 100. Geburtstag von Silja Walter sind bisher unveröffentlichte Texte zum Vorschein gekommen: Briefe und Meditationen für Susana, eine Flamenco-Tänzerin aus Bern. Sie und Silja Walter verband eine lebenslange Freundschaft.

1979 schrieb Silja Walter an Susana: «Kürzlich fiel mir ein: ‹Am Anfang war der Tanz› – denn der Geist Gottes schwebte über den Wassern und alles ward Bewegung im Kosmos!»

Priorin Irene Gassmann erinnert sich in diesem Zusammenhang auch an eine Entdeckung kurz nach dem Tod von Silja Walter: «Als wir ihren Computer aufgeräumten, habe ich festgestellt, dass ihr letztes geschriebenes Wort ‹Tanzen› war. Das hat mich tief berührt. Es ist für mich wie ein Vermächtnis.»

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