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Gesellschaft & Religion Die älteste Moschee der Schweiz: Wer steckt dahinter?

Sie fällt auf: die kleine Moschee mit dem zierlichen Minarett an der Forchstrasse in Zürich. Die älteste Moschee der Schweiz wurde von der Ahmadiyya-Gemeinschaft erbaut. Eine Gemeinschaft, die für orthodoxe Muslime als «nicht-muslimisch» gilt und offiziell auch nicht nach Mekka pilgern darf.

Als die ersten drei Missionare der Ahmadiyya-Bewegung im Jahr 1946 in die Schweiz kamen, wusste man noch nicht viel über den Islam, geschweige denn über diese Gemeinschaft. Man begegnete ihr mit Offenheit und Neugier.

Die Ahmadis – wie sie in der Kurzform heissen – wurden von den anderen Muslimen auch noch nicht so ausgegrenzt wie heute.

Emil Landolt zieht die Schuhe aus. Neben ihm ist ein muslimisches Kind.
Legende: Der damalige Städtpräsident Emil Landolt an der Eröffnung der Moschee 1963. Keystone

In der Schweiz willkommen

Ein denkwürdiges Datum ist das Jahr 1963, als die Ahmadiyya-Gemeinschaft die erste Moschee der Schweiz errichtete: die Mahmud Moschee in Zürich.

Die feierliche Eröffnung erfolgte in Anwesenheit hoher Gäste: der ehemalige Aussenminister Pakistans und seinerzeitige Präsident der UNO-Generalversammlung Sir Muhammad Zafrullah Khan (selbst ein Ahmadi) sowie Emil Landolt, der Stadtpräsident von Zürich, gaben sich die Ehre.

Der Anlass war ein Höhepunkt in der Geschichte der Ahmadiyya-Bewegung der Schweiz. Doch allmählich wurden immer mehr Stimmen laut, dass die Ahmadis von den anderen Muslimen als «Sekte» angesehen werden und eigentlich gar keine Muslime seien.

Eine muslimische Reformbewegung

Die Ahmadiyya-Gemeinschaft entstand 1889 in Britisch-Indien und verstand sich als muslimische Reformbewegung. Gegründet wurde sie von Mirza Ghulam Ahmad (1835 bis 1908), der aus dem nordindischen Qadian stammte. Er sah sich nicht nur als Erneuerer des Islam, sondern von allen grossen Religionen.

Die Ahmadiyya-Bewegung konnte zunächst eine grosse Anhängerschaft gewinnen. In einer turbulenten Zeit, als englische Missionare versuchten, Indien zu christianisieren, und viele neo-hinduistische Bewegungen aufblühten, erwarb sich Mirza Ghulam Ahmad den Ruf eines Anwalts des Islam. Sein fünfbändiges Hauptwerk «Barahin-i-Ahmadiyya» wurde als Verteidigungsschrift des Islam geschätzt.

Ahmadi-Muslimen am Beten.
Legende: Wie praktizieren Ahmadi-Muslime? Besuchstag in der Mahmud Moschee. Keystone

Unterdrückung und Verfolgung

Doch bald tat sich ein Graben auf zwischen seinen Lehrmeinungen und jenen der orthodoxen Muslime.

Die Kontroverse entzündete sich vor allem an seinem Anspruch, aufgrund göttlicher Offenbarung der «Verheissene Messias und Mahdi» und ein Mohammed nachgeordneter Prophet zu sein. Die Ahmadiyya-Bewegung stiess immer mehr auf Widerstand.

Vor allem in Pakistan, wo seit der Teilung Indiens im Jahr 1947 die meisten Ahmadis leben, wurden sie unterdrückt und verfolgt. 1974 erreichten orthodoxe Imame einen parlamentarischen Beschluss, der Ahmadis zu Nicht-Muslimen erklärte.

Die Verfolgungen wurden daraufhin so stark, dass die Ahmadiyya-Gemeinschaft ihren Hauptsitz 1984 nach London verlegte. Auch in Saudi-Arabien, wo die Lehrmeinung der Wahabiten vorherrscht, wurde die Ahmadiyyas rechtlich für nicht-muslimisch erklärt. Somit ist den Ahmadis die Wallfahrt nach Mekka offiziell verwehrt.

Das Minarett der Mahmud Moschee.
Legende: Gegründet von Ahmadi-Muslimen: die Mahmud Moschee in Zürich. Über 850 Ahmadi-Muslime zählt die Schweiz. Keystone

Sendungsbewusstsein – frei von Gewalt

Die Ahmadiyyas haben ein grosses Sendungsbewusstsein. Ihre Mission ist es, die Lehre ihres Gründers, den Islam in seiner ursprünglichen Form, frei von den Verkrustungen der Jahrhunderte, auf der ganzen Welt zu verbreiten.

Bei der Verfolgung dieses Ziels wird Gewalt entschieden abgelehnt. Der Gründer der Bewegung, Mirza Ghulam Ahmad, verbot den bewaffneten Dschihad, den heiligen Krieg mit Waffengewalt, ausser in extremen Situationen zur Selbstverteidigung. Er stützte sich auf die Hadith-Verse: «Die Tinte des Gelehrten ist wertvoller als das Blut des Märtyrers».

Mit Worten überzeugen

Deshalb wird nach Auffassung der Ahmadis das «Widerlegen christlicher Glaubenssätze durch den Dschihad der Feder und den Dschihad des Arguments folgen». Die Ahmadis missionieren mit friedlichen Mitteln und – wie sie behaupten – ohne Zwang: durch Bücher, Informationsstände, Vorträge, Veranstaltungen, Tag der offenen Tür.

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