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Die Sorgen der Superreichen «Wer viel Geld hat, steht unter Generalverdacht»

Über ihre Altersvorsorge oder die hohen Krankenkassenprämien müssen sich diese Leute keine Sorgen machen: Superreiche haben so viel Geld, dass sie oft gar nicht wissen, wie viel Kohle sie auf dem Konto haben. Aber sind sie auch glücklich? Buchautor und «Bilanz»-Chefredaktor Dirk Schütz hat nachgefragt.

SRF: Sie haben für Ihr Buch mit Superreichen über den Zusammenhang von Geld und Glück gesprochen. Was ist denn nun die Glücksformel?

Dirk Schütz: Man sagt ja, das Materielle mache 15 Prozent aus, wenn es um die Frage geht, wie jemand im Leben steht. 30 bis 40 Prozent bestimmen die Gene. Also: Bin ich eher Glückskind oder Griesgram, eher optimistisch oder pessimistisch.

Der grösste Teil des persönlichen Glücks, so sagt die Forschung, wird von meinen persönlichen Handlungen bestimmt. Das, was ich aus meinem Leben mache. Und Unternehmer – viele Milliardäre sind Unternehmer – sind darin sehr gut.

Hatten Sie manchmal den Eindruck, Reiche schämen sich für das viele Geld?

Reiche und besonders Superreiche müssen sich oft rechtfertigen: Sie stehen schnell unter Generalverdacht, dass sie nicht genug für die Gesellschaft täten.

Aber es gibt auch jene Reichen, die stolz sind auf das sind, was sie aufgebaut haben, und die gerne darüber reden. Häufig sind das Selfmade-Milliardäre. Interessanterweise geben die das Geld auch leichter aus und weg.

Bei Erben kann man eher beobachten, dass sie sich schwer tun, das Vermögen, das vielleicht vor Generationen aufgebaut wurde, wegzugeben. 

Glücklicher sind wahrscheinlich eher die Leute, die wirklich aus ihrem Leben etwas gemacht haben.
Autor: Dirk Schütz Autor

Warum haben Selfmade-Milliardäre ein anderes Verhältnis zu ihrem Vermögen als jene Menschen, die ihr Geld «nur» geerbt haben?

Bei den Selfmade-Reichen steht oft eine grosse Lebensleistung dahinter. Reiche Erben werden dagegen schief angeschaut, weil sie nichts für den Reichtum getan haben. In der Selbstwahrnehmung ist das oft auch so.

Auch reiche Leute sagen gern, Geld allein mache nicht glücklich. Wie sehen Sie das?

Da ist immer auch eine gewisse Koketterie dabei, wenn man sagt, dass man das alles nicht brauche – die Autos, die Yachten, die Villen. Trotzdem sind sie ja da. Man ist vielleicht nicht immer ehrlich in dieser Frage.

Allerdings gibt es unter den zehn Reichen, mit denen ich gesprochen habe, keinen, der sein Geld einfach so ausgibt. Das sind alles Leute, die hart weiterarbeiten, obwohl sie das nicht tun müssten. Bei allen ist eine zwinglianisch-calvinistische Grundhaltung zu erkennen.

Buchhinweis

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Dirk Schütz: «Miliardäre. Zehn Schweizer Superreiche und die grosse Frage: Macht Geld glücklich?» Beobachter, 2021.

Reden diese Reichen auch darüber, wie sich ihr Vermögen auf die Beziehungen zu anderen Menschen auswirkt? Sie können sich ja oft nicht sicher sein, ob es um sie oder das Geld geht.

Guter Punkt. Es gibt Leute unter den Reichsten, die misstrauisch sind, weil man natürlich bei jedem Kontakt immer fragt: Was will der jetzt?

Die bekommen alle Bettelbriefe. Selbst bei den eigenen Kindern kann der Verdacht im Raum stehen, es geht nur ums Geld. Das ist eine Not, die wir nicht kennen. Für Superreiche kann das aber durchaus ein Problem sein.

Das Gespräch führte Susanne Schmugge.

Sendung: SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 7.7.2021, 8:06 Uhr ; 

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