Bis vor Kurzem hatte die 71-jährige Eileen Heinimann McGowan kein Internet und nur ein Festnetztelefon zu Hause. Seit zwei Wochen aber trifft sie ihre Enkelin Kimberly regelmässig digital – im Videochat.
Tochter und Enkelin haben ihr wegen der aussergewöhnlichen Lage ein Tablet geschenkt. «Ich wollte das nicht», sagt Eileen Heinimann McGowan. Sie möge keine modernen Geräte und fürchtete, das Tablet nicht bedienen zu können.
Doch sie fand schnell Gefallen daran. Mittlerweile ruft sie ihre Enkelin und den Rest der Familie gleich mehrmals täglich per Video Call an. «Ich finde das gut, ich finde das toll.»
Digitaler als man denkt
Eileen Heinimann hat also digital aufgerüstet. Bringt Corona generell den digitalen Ruck bei der älteren Generation? Peter Burri Follath, Leiter von Pro Senectute Schweiz und zuständig für digitale Fragen, verneint. Dieser Ruck habe bei vielen Senioren und Seniorinnen längst stattgefunden.
Pro Senectute beobachtet diese Entwicklung seit zehn Jahren und hat bereits zwei grosse Studien dazu veröffentlicht. Die dritte folgt im Herbst. Peter Burri Follath sagt: Die Studien zeigen klar, dass die Senioren und Seniorinnen sich in den letzten Jahren sukzessive die Möglichkeiten des Digitalen erschlossen hätten.
Bereits 2010 haben rund 40 Prozent der älteren Generation die verschiedenen Internet-Technologien genutzt. «2015 waren das schon 60 Prozent. Wir gehen davon aus, dass etwa frei zwischen 70 und 80 Prozent der Senioren diese Technologie im Alltag nutzen.»
Lange Zeit war vom «digitalen Gap» zwischen den Generationen die Rede. Heute hat sich diese Lücke praktisch geschlossen, beziehungsweise ins höhere Lebensalter verschoben.
«Senioren zwischen 65 und 75 haben kein Problem, diese Geräte zu nutzen», sagt Burri Follath. Man gehe aber davon aus, dass sich das Verhalten ab 80 oder 85 nach wie vor in den klassischen Bahnen bewege.
Lust auf mehr
Die Corona-Krise löst also keinen digitalen Ruck aus bei den Senioren und Seniorinnen. Aber in der Corona-Krise vertiefen ihr digitales Wissen rund um die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten noch einmal.
«Jetzt geht es einfach darum, vielleicht bei WhatsApp auch an Gruppenchats mit Funktionen oder mit Videofunktion anbinden zu können», sagt Burri Follath. Es handle sich sozusagen «um eine vertiefte Anwendung, die jetzt gezwungenermassen angewendet werden muss.»
Auch Eileen Heinimann McGowan hat Lust auf mehr. Bisher nutzt sie das Tablet nur für Videoanrufe oder das Verschicken von Nachrichten an die Familie und an ihre Enkelin Kimberly. Bald aber wie sie den nächsten Schritt wagen: das Internet an sich.