Was haben die alten Ägypter bloss verbrochen? Diese Frage stellten sich wohl manche Besucher im Metropolitan Museum, als neulich einige Dutzend Demonstranten den berühmten Tempel von Dendur dort mit kleinen, gelben Pillendosen bewarfen.
Schmutziges Geld
Die Protestierenden unter der Führung der Starfotografin Nan Goldin wollten mit ihrer Aktion auf das Geld hinweisen, mit dem die hehre Halle finanziert worden ist, in dem das Heiligtum steht.
Schmutziges Geld, ihrer Ansicht nach: Es stammt von der Familie Sackler, deren Pharmaunternehmen das süchtig machende Schmerzmittel OxyContin herstellt.
Im Museum of Natural History auf der gegenüberliegenden Seite des Central Parks wiederum hatte eine Gruppe von Aktivisten kurz zuvor subversive Souvenirs in den Geschenkshop geschmuggelt, um gegen ein Mitglied im Vorstand des Museums zu protestieren.
Dass mit Rebekah Mercer nämlich ausgerechnet dieses Haus der Wissenschaft eine Klimawandel-Leugnerin zu den regelmässigen Galagästen zählt, finden viele skandalös.
Ohne Mäzene keine Museen
Doch leitet Mrs. Mercer die Stiftung ihrer Familie, die wie die Sacklers zu jenen privaten Spendern gehört, die die Kultur in den USA finanzieren. Da sich die staatliche Kulturförderung auf magere vier Prozent beschränkt, kommt für den Rest der jährlich 390 Kultur-Milliarden die Geldaristokratie auf. Ohne Mäzene müssten die meisten kulturellen Institutionen in den USA dicht machen.
Neuerdings wird immer häufiger gefragt: Womit haben die besagten Mäzene ihr Vermögen verdient? Was für politische, ethische und sonstige Ansichten vertreten sie?
Wie sich zeigt, lassen sich die Ideologien und Geschäfte von manchen Gönnern nämlich nur schwer mit den Werten vereinbaren, die Kulturschaffende für sich reklamieren.
Gekauftes Prestige
Tatsächlich kommen die generösen Gesten der milliardenschweren Kulturfreunde oft einer Art Product Placement gleich. So prangt der Name von David A. Koch über diversen noblen Orten in New York, vom Vorplatz des Metropolitan Museum bis zur Bühne des New York City Ballett. Und das in einer Stadt, in der der erzkonservative Öl- und Chemie-Tycoon sonst nicht viele Freunde hat.
Die kostspielige Mitgliedschaft im Beirat einer prestigeträchtigen Institution wie der Metropolitan Opera oder dem Guggenheim Museum ist zudem mit ungeheurem Prestige verbunden. Sie gleicht der Mitgliedschaft in einem exklusiven Club.
Wie gross ist der Einfluss der Spender?
Wie viel Einfluss die Sponsoren auf die Programme der betreffenden Institutionen ausüben, ist umstritten. Offiziell entscheiden die künstlerischen Leiter unabhängig von den Geldgebern darüber, was sie präsentieren.
Indirekt können die Spender ihr Gewicht jedoch durchaus geltend machen. Nämlich indem sie einmal einen Scheck nicht ausstellen und damit den Ankauf eines bestimmten Werkes oder die Kommission eines bestimmten Theaterstückes verhindern.
Bisher schweigen sich die Verantwortlichen der Institutionen über die Kritik diplomatisch aus. Dass sie es sich mit ihren Gönnern nicht verderben wollen, ist verständlich. Damit wäre schliesslich auch dem Publikum nicht gedient, das um ein breites Kulturangebot gebracht würde.
Anonyme Grosszügigkeit
Was die Institutionsleiter in der Hand haben, ist jedoch der Grad der Sichtbarkeit, den sie den Sponsoren verleihen. Muss wirklich jeder fremdberappte Blumentopf in dicken Lettern den Namen des Berappers tragen?
Wahre Grosszügigkeit ist selbstlos. Warum also nicht auch anonym? Gut möglich, dass sich mancher Philanthrop dann nach einer anderen Werbeplattform umsieht. Aber immerhin könnte man beim Tempel von Dendur wieder an Isis und Osiris denken, anstatt an Schmerzmittel und schmutziges Geld.