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Dokfilm über Eremiten Das extreme Leben in der Abgeschiedenheit

Anderthalb Jahre lang reisten die Filmemacher Bernd und Heidi Umbreit mit ihrem umgebauten Kastenwagen durch Europa und filmten zwei Eremitinnen und einen Eremit. Entstanden ist ein stiller Film über eine andere Lebensweise.

Ihre Filme drehen sich immer um ein besonderes Anliegen, ihre Arbeit betrachten sie als Berufung. Oft ist dieses Anliegen besonders still: Da ist das Schweigen der Frauen in gewaltbesetzten Beziehungen, die stillen Gedanken von Sterbenden oder die unerbittliche Stille im Leben von taubstummen Menschen.

Stille und Schweigen

Und nun die Stille und das Schweigen des niederländischen Paters Hugo, der österreichischen Eremitin Schwester Dominica und der Eremitin Schwester Baptista aus der Schweiz im Film «Ein anderes Leben».

2003 nahmen Bernd und Heidi Umbreit, heute 70 und 68 Jahre alt, an einem Schweige-Seminar teil. Sie stiessen auf ein Buch über Eremiten. Daraus erwuchs ganz langsam der Wunsch, Eremiten und deren extremes Leben in Abgeschiedenheit in einem Dokumentarfilm abzubilden.

Ein Mönch betet an einem Tisch.
Legende: «Ein Eremit ist da, um zu beten. Für die Anliegen, die die Menschen uns bringen – ihre Sorgen und Nöte.» Pater Hugo tut dies in den Niederlanden. Umbreit Film

Respekt öffnete Türen

Pater Hugo war der Erste, den sie kontaktierten. Der Eremit sei alles andere als begeistert gewesen, von ihrer Kamera begleitet zu werden. Es sei ein vorsichtiges Herantasten gewesen. Beim ersten Besuch warteten sie in der Kapelle auf ihn, ohne ihn beim Stundengebet zu stören.

Dieser Respekt brachte ihnen das Vertrauen von Pater Hugo ein. Er war es denn auch, der ihnen weitere Eremiten empfahl. «Es ist ein regelrechtes «Schneeballsystem» auskunftsfreudiger Eremitinnen und Eremiten geworden», erzählt Bernd Umbreit lachend. Und das ausgerechnet bei Menschen, die die Öffentlichkeit wenn immer möglich meiden.

Eine Frau sitzt am Boden und liest ein Buch. Neben ihr liegt ein Hund.
Legende: Schwester Baptista fragt sich: «Bin ich wirklich Eremitin, wenn so viele Menschen zu mir kommen und um Rat fragen?» Umbreit Film

Fiat Ducato statt Fünf-Sterne-Hotel

Von da an reiste das Filmemacher-Paar während 18 Monaten immer wieder zu den beiden Eremitinnen und zu Pater Hugo. Damit sie sich bei kleinstem Budget Hotelkosten sparen konnten, übernachteten und kochten sie jeweils mitten im Wald oder auf einer Wiese in ihrem umgebauten Fiat Ducato-Kastenwagen.

Keine Fünf-Sterne-Unterkunft, aber manchmal eine mit tausend Sternen am Himmel. Keine schwierige Situation für sie als Paar, schliesslich würden sie sich bereits seit 55 Jahren kennen und lieben.

Ein Fiat Ducato Bus im Wald. Daben steht ein Campingtisch und 2 Stühle.
Legende: Drehen mit kleinem Budget: Statt Hotelübernachtung schlafen im Fiat Ducato. Bernd Umbreit

Wo Pater Hugo und die Schwestern Dominica und Baptista genau leben, verrät der Filmemacher nicht. Zu ungut der Gedanke an andere Eremiten, die von Besucherströmen aufgesucht werden und dem eigentlichen Ziel nicht mehr nachkommen könnten, in der Stille und Zurückgezogenheit für die Menschen und deren Anliegen zu beten. Seine drei Porträtierten seien alles andere als solche «Disney-Eremiten», sagt Bernd Umbreit.

Eine Nonne sitzt an einem Tisch und schaut durchs Fenster
Legende: Schwester Domenica fragen immer wieder Menschen, ob sie an die Wirkung des Gebets glaube. Worauf sie antwortet: «Wenn ich das nicht glauben würde, wäre mein Leben sinnlos.» Umbreit Film

Die Kamera als leise Begleiterin

Wichtig sei es ihm und seiner Frau gewesen, den genau strukturierten Tagesablauf der Protagonisten nicht zu stören, auch nicht deren Schweigen. Mit viel Geduld hätten sie die magischen Momente dieses aussergewöhnlichen Lebens einfangen können. Jenen Moment etwa, wo Schwester Baptista aus einem Klumpen Ton eine Engelsfigur schafft und tief versunken deren Hand und die einzelnen Finger formt.

Bernd Umbreit

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Bernd Umbreit (70) ist ein deutscher Dokumentarfilmer, der in Personalunion sowie gemeinsam mit Heidi Umbreit Buch, Produktion und Kamera seiner Filme betreut.

1984 gründete er die Produktionsfirma «Filme als Anliegen». Für seine Arbeit wurde der Filmemacher bereits mehrfach mit Preisen ausgezeichnet, darunter mit dem deutschen Kamerapreis.

Durch die intensiven Begegnungen mit den Eremitinnen und dem Eremiten durch alle Tages- und Jahreszeiten hindurch sei ihnen der Film fast wie ein Kind ans Herz gewachsen. Es waren schliesslich die Eremiten, die ihnen sagten, jetzt sei es doch endlich an der Zeit, den Film loszulassen und unter die Menschen zu bringen.

Ein neues Ziel haben Bernd und Heidi Umbreit auch schon im Visier: Ein Film über Menschen auf der Alm, aus der Zeit gefallen. In einer Stille, oft nur unterbrochen durch den Wind und Kuhglocken.

SRF 1, Sternstunde Religion, 21.5.2020, 10.15 Uhr

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