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Gesellschaft & Religion Ein Chef mit Humor ist ein besserer Chef

Wer viel lacht, kann besser mit Problemen umgehen und ist zufriedener. Allerdings gibt es auch Menschen, die sich vor dem Lachen anderer fürchten. Der Humorforscher Willibald Ruch hat noch mehr über Humor und das Lachen entdeckt.

Zur Person

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Legende: SRF

Prof. Dr. Willibald Ruch ist Leiter der Fachrichtung Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik am psychologischen Institut der Universität Zürich. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Humor, Lachen und Heiterkeit.

Was ist Humor?

Willibald Ruch: In der Forschung ist Humor ein Sammelbegriff für einzelne Phänomene wie Ironie, Sarkasmus, Wortspiele und so weiter. Dinge, die uns erheitern können.

Und welche Bedeutung hat Humor im Alltag?

Im Alltag variiert die Bedeutung sehr stark. Jeder hat eine andere Vorstellung davon, was Humor ist. Häufig ist es das «über-sich-selbst-lachen-können», sich selbst nicht so ernst nehmen. Oder zumindest die Widrigkeiten des Lebens einigermassen gelassen aufnehmen. Die Spannbreite ist hier allerdings sehr gross, der Begriff «Humor» ist sehr vage.

Die Humorforschung gibt es erst seit 30 Jahren. Was hat sie in dieser für das Forschungsuniversum kurzen Zeit herausfinden können?

Goethe sagte bereits, der Mensch gäbe seinen Charakter über nichts mehr preis, als über das, was er lächerlich findet. Kurz und gut: Wir sehen Humor sehr stark verknüpft mit der eigenen Person. Unsere Studien zeigen, dass Humor Auskunft gibt über den Charakter, die Persönlichkeit, über Einstellungen, ganz einfach darüber, wie ich die Welt sehe. Da gibt es einen engen Zusammenhang. Man erkennt über den Humor, was für ein Mensch einem gegenübersteht.

Woran arbeiten Sie denn aktuell?

Im Augenblick arbeiten wir unter anderem daran, ob man Avataren, diesen Kunstfiguren, die uns helfen können, Computer zu bedienen, ein «gutes Lachen» beibringen kann. Das Lachen sollte natürlich und nicht zu intensiv sein, es darf nicht zu aggressiv sein, so dass es auch Leute nicht verschreckt, die Angst haben vor dem Ausgelachtwerden. Es gibt einen bedeutenden Unterschied, ob ich einen lustigen Film allein oder mit einem Avatar schaue. Der Avatar ersetzt fast eine zweite Person, wir lachen eindeutig mehr zu zweit.

Das heisst Humor hat auch etwas sehr Kollektives?

Genau. Wir lachen gern gemeinsam. Es ist natürlich auch eine Gratwanderung. Man kann über andere lachen. Und Lachen kann Leute trennen. Das ist auch ein Phänomen, das wir untersucht haben. Die Effekte des Auslachens. Wir haben zum Beispiel gesehen, dass fünf Prozent der Bevölkerung eine pathologische Angst vorm Ausgelachtwerden, eine sogenannte Gelotophobie, haben.

Diese Menschen fürchten sich, in die Öffentlichkeit zu gehen oder Dinge zu tun, die von anderen als lächerlich wahrgenommen werden könnten. Das geht dann sogar so weit, dass manche Leute rein akustisch nicht mehr unterscheiden können, ob das Lachen fröhlich oder gehässig war. Die Gelotophoben, die wir untersuchen, empfinden jedes Lachen als Waffe oder als Auslachen und nicht als etwas, das Gemeinschaft stiftet.

Ist Humor denn angeboren?

Alle Menschen kommen mit der Anlage zu Humor auf die Welt. Grundlage für Humor ist ja das Spielen. Alle Kinder spielen. Irgendwann spielen sie mit Ideen und Vorstellungen. Natürlich kann das verschütt gehen, wenn der Ernst des Lebens einsetzt – die Schule, der Beruf. Oftmals gilt man am Arbeitsplatz als nicht wahnsinnig professionell, wenn man humorvoll ist. Obwohl man ganz klar sagen kann, dass Leute mit Humor mit Problemen besser umgehen, sie können auch Leute besser führen.

Kann man den verschütt gegangen Humor denn wiederfinden?

Wir haben das mit Humortrainings ausprobiert. Und ja, er kann wiederentdeckt werden. Dafür muss man sich eigentlich nur darauf zurückbesinnen, wie man als Kind war. Es ist ein Training mit vielen spielerischen Elementen. Und natürlich mit Effekten wie Über- und Untertreibung. Man kann tatsächlich bestätigen, dass die Menschen nach einem Humortraining mehr Humor hatten. Und dass überraschenderweise auch ihre Lebenszufriedenheit zugenommen hat.

Haben Sie eigentlich einen Lieblingswitz?

Nein, ich habe keinen Lieblingswitz.

Tatsächlich, als Humorforscher?

(Lacht.) Das ist jetzt eine typische Journalistenfrage. Nein, ich mag spontane Sachen, die einem so nebenbei einfallen. Witze sind für mich eher wie Konserven. Ich mag frisches Essen lieber. Für mich ist es die höhere Schule, kreativ mit Sprache zu spielen. Das ist wie mit der Musik, entweder spielt man ab Blatt, kopiert ab Blatt. Oder man improvisiert. Wenn es aber schon Witze sein müssen, dass mag ich die originellen, kreativen, die auch auf Missstände hinweisen. Satire zum Beispiel mag ich sehr gern.

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