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Einst der höchste Reformierte Gottfried Locher ist aus der Kirche ausgetreten

Vor zwei Jahren trat Gottfried Locher aufgrund von Missbrauchsvorwürfen als Präsident des Kirchenbundes zurück. Nun tritt er aus der evangelisch-reformierten Kirche aus. Ein weiterer, definitiver Schritt in der Causa Locher.

Neun Jahre – von 2011 bis 2020 – war Locher der oberste Refomierte der Schweiz. Mit dem Austritt hat seine Kirchen-Karriere nun ein definitives Ende gefunden.

Innerhalb der EKS war Locher sehr einflussreich, konnte sich über Jahre ein Netzwerk von Unterstützerinnen und Unterstützern schaffen. Dann wurden 2020 Missbrauchsvorwürfe publik. Eine ehemalige Angestellte warf Gottfried Locher vor, ihr zu nahe gekommen zu sein.

Eine von der EKS eingesetzte Untersuchungskommission bestätigte später die Vorwürfe: Gottfried Locher habe sie in ihrer sexuellen und spirituellen Integrität verletzt. Im Mai 2020 trat Locher zurück – der Druck wegen der Vorwürfe war zu gross geworden. Bis heute fand jedoch keine strafrechtliche Untersuchung der Vorwürfe der ehemaligen Mitarbeiterin statt.

Nachdem die Vorwürfe bekannt wurden, stand Gottfried Locher plötzlich allein da. Er erhielt kaum Unterstützung von seinen ehemaligen Mitstreiterinnen und Mitstreitern in der EKS und in den evangelisch-reformierten Landeskirchen.

Das habe ihn verletzt, heisst es aus dem Umfeld von Gottfried Locher. Locher fühlte sich verraten, ungerecht behandelt. Er sieht sich als Opfer einer kirchen-internen Verschwörung.

«Keiner der Ihren»

In der Weltwoche – der einzigen Zeitung, in der sich Gottfried Locher heute noch äussert – sprach er von einem «Aufstand der reformierten classe ecclésiastique» und zieht den Schluss: «Ich bin keiner der Ihren».

Früher hätte Gottfried Locher eine solche Entscheidung medial inszeniert. Heute schweigt er.
Autor: Nicole Freudiger Fachredaktorin Religion

Sein Kirchenaustritt war nach der grossen Enttäuschung und Desillusionierung der nächste logische Schritt. Früher hätte Gottfried Locher eine solche Entscheidung medial inszeniert. Heute schweigt er. Der «Tages-Anzeiger» machte den Austritt publik und bezieht sich auf zwei unabhängige Quellen.

Bis heute hat Gottfried Locher öffentlich keine Fehler eingestanden. Doch stimmt sein Vorwurf, ungerecht behandelt worden zu sein? Gottfried Lochers Frau hatte die Untersuchung der evangelisch-reformierten Kirche Schweiz EKS in einem Brief als Schauprozess, ja als Inquisition bezeichnet.

Aus der Öffentlichkeit zurückgezogen

Tatsache ist: Gottfried Locher wurde mit den Ergebnissen der Untersuchungskommission der EKS nicht offiziell konfrontiert. Allerdings erhielt er durchaus Gelegenheit, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Zuerst im Rat der EKS, später auch auf Anfrage des Anwaltsbüros, das den Untersuchungsbericht verfasste. Letztere liess Gottfried Locher unbeantwortet.

Was aus dem ehemaligen obersten Reformierten nun wird, ist unklar. Gottfried Locher hat sich vollständig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Für die evangelisch-reformierte Kirche Schweiz ist der Fall Locher aber nicht abgeschlossen. Denn sie hat in der ganzen Angelegenheit keine gute Figur gemacht. Der Untersuchungsbericht enthält ausserdem diverse Massnahmen, deren Umsetzung das Kirchenparlament im Juni 2022 bespricht.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 29.03.2022, 17:10 Uhr

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