Wie Hasspredigern entgegenwirken, die Extremismus in Schweizer Moscheen befeuern? Mit einer Imam-Ausbildung nach Schweizer Universitätsstandards, so die Idee einer Motion aus dem Jahr 2016, die an den Bundesrat gelangte. Am Mittwoch erteilte der Bundesrat der Motion in beiden Punkten eine Absage.
Überschätzter Einfluss
Erstens sieht der Bundesrat sich für eine Imam-Ausbildung nicht zuständig. Es gelte die staatliche Neutralitätspflicht gegenüber der Selbstorganisation von Religionsgemeinschaften, die nicht öffentlich-rechtlich anerkannt sind.
Zweitens seien die Ängste, anti-demokratische Geistliche würden Jugendliche radikalisieren grösstenteils unbegründet, wie die Zürcher Hochschule ZHAW feststellt. Sie hat im Auftrag des Bundesrats eine Studie durchgeführt.
Die Studie hält fest, dass der Einfluss von Imamen von der Öffentlichkeit überschätzt werde. Jugendliche würden sich kaum in Moscheen radikalisieren. Die Radikalisierung passiere im Internet. Das heisse aber auch: Eine staatlich gelenkte Berufsbildung ist kein effizientes Mittel gegen Radikalisierung.
Weiter Imame aus dem Ausland
Somit müssen Moscheevereine ihre Prediger und Geistlichen weiter im Ausland schulen oder von dort rekrutieren. Beides zog immer wieder Argwohn auf sich.
Besonders skeptisch werden Imame beäugt, die an theologischen Schulen in Saudi-Arabien ausgebildet wurden. Der dort gelehrte Islam unterscheidet sich erheblich von der Lebens- und Glaubensweise europäischer Muslime.
Eine zweite grosse Gruppe ausländischer Imame kommt aus der Türkei. Sie wird indirekt vom türkischen Religionsministerium finanziert und auch gesteuert. Weil die Stipendien aus Saudi-Arabien grosszügig sind und türkische Imame nahezu gratis, entscheiden sich kleine und finanzschwache Moscheevereine doch dafür.
Muslimische Seelsorge ist gefragt
Wie nun aber weiter in den Moscheen und mit muslimischer Seelsorge in öffentlichen Diensten? Spitäler, Gefängnisse, Asylzentren und auch die Armee wollen professionell ausgebildete, muslimische Seelsorgerinnen und Seelsorger.
Hierfür wird jetzt fleissig aus- und weitergebildet. Als europaweit erstes Institut bietet die theologische Fakultät der Universität Bern einen konfessions- und religionsübergreifenden Ausbildungsgang in Seelsorge an.
Das kommt zwar keinem akademischen Theologiestudium gleich und ist auch etwas anderes als Imam-Ausbildung. Aber es entspricht einem breiten Bedürfnis. Schweizer Imam-Anwärter müssen nun aber weiter den Umweg übers Ausland machen.