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Erfindung des Adventskalenders Wieso öffnen wir eigentlich Türchen?

In der Vorweihnachtszeit stehen Adventskalender in fast jedem Haushalt. Aber wer hat sie eigentlich erfunden? Und gibt es auch weniger kommerzielle Varianten?

Kinder wie Erwachsene freuen sich Jahr für Jahr, wenn sie das erste Türchen ihres Adventskalenders öffnen dürfen. Hinter den Türchen verbirgt sich heutzutage eine enorme Vielfalt. Ob Wein, Playmobil, Beautyprodukte oder Proteinriegel – für jeden Geschmack ist etwas dabei.

Religionspädagogik in Kalenderform

Wie der Adventskranz geht die Erfindung des Adventskalenders auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück: «Seinen Anfang nahm er in frommen pietistisch-lutherischen Kreisen», erklärt die SRF-Religionsredaktorin Judith Wipfler.

Ein Erdmännchen erkundet einen Adventskalender aus Holz
Legende: Ursprünglich dienten die Adventskalender vor allem der Zweck der Frömmigkeit. Diesem Erdmännchen im Londoner Zoo ist das allerdings egal – wohl deshalb öffnet es auch alle Türchen auf einmal. imago images/Sipa USA

Mit den Kalendern sollten die Kinder zum Malen und Geschichten lesen angeregt werden. «Das war eine frühe Form von Religionspädagogik», so Wipfler. Dabei kauften die Familien die Adventskalender nicht, sondern bastelten sie selbst.

Adventszählen mit Nikolaus und Barbara

Die Katholikinnen und Katholiken zogen nach und begannen, eigene Frömmigkeitsgeschichte einzubauen. So erfanden sie etwa einen Nikolauskalender, einen Fastenkalender oder einen Barbara-Kalender. Sie verknüpften also die Tradition der Barbara-Zweige, die am 4. Dezember geschnitten werden, mit dem Zählen der Tage bis zum Advent.

Im 20. Jahrhundert kam dann die Wende: 1902 erschien in Hamburg der erste gedruckte Adventskalender als Produkt für die Massen. Waren anfangs Abreisskalender verbreitet, erschienen bald Varianten mit Türchen und Bildern. Auch Adventskalender zum Ausschneiden gab es.

Vor allem in den 1920er-Jahren wurden schön gestaltete Kalender sehr beliebt. «Je kommerzieller die Adventskalender wurden, desto unfrommer wurden sie auch», sagt Judith Wipfler.

«Mitschuld», dass sich heute vor allem die 24-Türchen-Form durchgesetzt hat, ist die Kommerzialisierung: «Das ermöglichte den Händlern, die nicht verkauften Papierkalender im nächsten Jahr erneut anzubieten.»

Gezeichneter Adventskalender: Ein Nikolaus zieht einen Schlitten mit Geschenken, begleitet von Engeln
Legende: So kennt und liebt man ihn: Dieser Adventskalender aus den 1920er-Jahren fände wohl noch heute seine Käuferinnen und Käufer. Imago Images/Imagebroker

Der traditionelle christliche Adventskalender umfasst dagegen weit mehr Türchen, nämlich vom ersten Advent – der dieses Jahr auf einen November-Tag fiel – bis zum Dreikönigstag am 6. Januar.

Kerze statt Kalender

Solche Adventskalender bilden den gesamten kirchlichen Weihnachtsfestkreis ab. So bietet eine ökumenische Initiative einen solchen «anderen Adventskalender» an – mit einer Auflage von 700’000 Stück.

Wer nach einer nicht-kommerziellen Alternative sucht, kann sich von Skandinavien inspirieren lassen. Dort haben sogenannten «Adventskerzen» Tradition: schlichte weisse Kerzen mit Zahlen von oben nach unten, die man jeden Abend herunterbrennen kann. Eine ebenso besinnliche wie ökologische Alternative.

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Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 01.12.2022, 08:15. ; 

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