Dame Sarah Mullally wurde 2018 die erste Bischöfin von London. Dieses Bischofsamt gilt traditionell als der «King’s Bishop». Eben dieser König Charles III. bestätigte heute ihre Ernennung für das höchste geistliche Amt der anglikanischen Weltkirche.
Erst sei 31 Jahren können Frauen in der «Church of England» Priesterinnen und erst seit zehn Jahren Bischöfinnen sein. Heute machen Frauen über ein Drittel des englischen Klerus aus. Und Sarah Mulally war dafür eine Vorkämpferin.
Sarah Mullally will Hoffnung schenken
Geadelt wurde sie 2018, als sie als erste weibliche Bischöfin ins House of Lords, ins britische Oberhaus, einzog und als «Dame» auf den «Lord Spiritual Benches» Platz nahm. Ihre Karriere ist ohnehin beispiellos: Früher war sie Pflegefachfrau, heute ist sie die geistliche Führungsperson von 85 Millionen Menschen.
In ihrer ersten Ansprache als Archbishop of Canterbury diesen Freitag adressierte sie die grossen sozialen Verwerfungen in der englischen Gesellschaft, die Armut, die Gewalt. Und sie stellte klar, auf welcher Seite die Kirche stehe: auf der Seite der Ausgegrenzten, Armen und der Gewaltopfer.
«In einer Zeit, die nach Gewissheit und Gemeinschaft giert, bietet der Anglikanismus etwas Leiseres, aber Stärkeres: eine geteilte Geschichte, von Spannung aufrechterhalten, geformt durch Gebet und von innen erleuchtet vom Glanz Christi. Das ist es, was mir Hoffnung gibt.»
Anglikanismus sei unvereinbar mit Nationalismus. Das war vielleicht der stärkste ihrer vielen starken Sätze, die live über die Programme der britischen Rundfunkanstalt BBC in die grosse anglikanische Welt gingen – auch in die USA.
Die Kirche als sicherer Ort für alle
Die Wahl war nötig geworden, weil Amtsvorgänger Justin Welby – er salbte und krönte King Charles III. – im November 2024 seinen Rücktritt ankündigte. Welby hatte nicht durchgegriffen: Während seiner Amtszeit konnte ein kirchlicher Jugendarbeiter weiter Gewalt ausüben an über 100 Jugendlichen in Sommerferien-Camps.
Dem Thema «Safeguarding» widmete die künftige Erzbischöfin einen grossen Teil ihrer ersten, rund viertelstündigen Ansprache. Aber auch den Antisemitismus, die Kriege und die Klimakrise geisselte sie eindringlich: «Heilung wird möglich durch Taten der Nächstenliebe und Barmherzigkeit.»
Der komplexe Findungsprozess für Welbys Nachfolge dauerte fast ein Jahr. Eine Crown Nominations Commission wurde damit betraut, mit dabei: der ehemalige Generaldirektor des britischen Gemeindienstes MI5. «Im Dienste ihrer Majestät» steht auch die künftige Archbishop Mullally. Formales Oberhaupt der Church of England ist nämlich der Monarch Charles III.. Das geistliche Oberhaupt Mullally sieht sich aber in erster Linie als Dienerin Christi und der Menschen.
Als solche spiele sie eine «Schlüsselrolle in unserem nationalen Leben», würdigte sie der britische Premierminister Keir Starmer. Dass sie eine Frau ist, wird ihr dabei eher nutzen als schaden.