«Am Tag nachdem Erzbischof Óscar Romero ermordet wurde, gingen alle politischen Organisationen der Linken auf die Strasse. Über 500’000 Leute fanden sich rund um die Kathedrale von San Salvador ein und protestierten.» So erzählt es der Schweiz-Salvadorianer Alejandro Miranda.
Miranda war damals Student in der Hauptstadt San Salvador. Bis zu den Friedensverhandlungen im Jahr 1992 war er Mitglied einer linken Guerillabewegung. Heute ist er Künstler in Basel.
An die Demonstration am Tag nach der Ermordung des Bischofs erinnert sich Miranda lebhaft. Es sei ein riesiger Menschenauflauf gewesen. Romero hatte grossen Einfluss im Land und verströmte Hoffnung.
«Was wir nicht wussten: Auf dem Dach des Präsidentenpalastes waren Scharfschützen positioniert. Sie begannen wild auf uns loszuschiessen», erzählt Miranda. Einzig eine nahegelegene Kathedrale habe den Verletzten Schutz geboten.
Demonstration endete im Blutbad
Die Kirche habe sich dann aber bald als Falle herausgestellt: «Die Polizei erlaubte dem Roten Kreuz für knapp zwei Wochen keinen Zugang. Viele starben an ihren Verletzungen.» Damit habe die Regierung endgültig die rote Linie überschritten.
Von diesem Moment an hätten sich die Leute nicht mehr mit Demonstrationen zufriedengegeben. Der Eintritt in die Guerillabewegungen schien vielen Salvadorianern als letzte Möglichkeit. Ein Bürgerkrieg brach aus.
Der bewaffnete Konflikt dauerte 12 Jahre und forderte rund 80'000 Menschenleben. Weitere 8000 Personen gelten bis heute als verschollen.
Mord am Vermittler
Erzbischof Romero, der als konservativer Bischof ins Amt kam, bemühte sich, im spannungsgeladenen Verhältnis zwischen Militärregime und Oppositionsbewegung zu vermitteln. Er forderte soziale Gerechtigkeit und verurteile rechte genauso wie linke Gewalt.
Damit machte er sich Feinde beim salvadorianischen Klerus, aber auch in Geheimdienstkreisen. Man befürchtete eine Revolution und liess ihn am 24. März 1980 während einer Predigt von einem Scharfschützen umbringen.
«Romero war eine Galionsfigur für den Widerstand und die Rechte der Leute. Er bündelte die Hoffnungen verschiedener Bevölkerungsteile in sich», sagt Künstler Miranda heute. «Mit seiner Ermordung schienen die Wege für eine friedliche Lösung des Konfliktes versperrt.»
In El Salvador schon lange ein Heiliger
Knapp 40 Jahre nach dem Anschlag, wird Óscar Romero am Sonntag von Papst Franziskus heiliggesprochen. Der Mord an ihm hingegen ist bis heute nicht geahndet: Mit einigen Ausnahmen wurde niemand dafür verurteilt.
Das mache seine Heiligsprechung bedeutsamer, sagt Miranda. Schon in der Nacht nach dem Mord hätten die Obdachlosen auf den Strassen San Salvadors gerufen, dass Romero ein Heiliger sei.
Miranda erhofft sich jetzt, dass Romeros Grab zu einem Pilgerort wird. Dort sollen sich die Menschen versammeln, um Kraft zu schöpfen und Romeros positiven Geist weiterzutragen.