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Gesellschaft & Religion Erziehungskurse für Eltern: sinnvoll oder nicht?

Rund 80 000 Kinder kommen jährlich in der Schweiz zur Welt. Die meisten sind liebevoll betreut. Trotzdem sind die Kinderschutzbehörden überlastet und die Schulen wehren sich, weil Eltern zunehmend die Erziehung ihrer Kinder an die Lehrerschaft delegieren. Können Erziehungskurse für Eltern helfen?

Kinder kommen mit leerem Magen in die Schule, um dort ihren nächtlichen Fernsehkonsum auszuschlafen, im Winter gerade mal mit einem T-Shirt bekleidet: Realität nicht nur an den Schulen mit hohem Ausländeranteil, sondern auch dort, wo Eltern der Mittel- oder Oberschicht angehören.

Während die einen ihre Kinder ihrem Schicksal überlassen, schicken die anderen sie von Kurs zu Kurs. Bei Arm und Reich findet Erziehung zuweilen nur noch dort statt, wo es gerade noch einen freien Platz im vollen Terminkalender hat.

Viele Kinder gehen trotzdem ihren Weg – Resilienz sei Dank. Andere werden auffällig oder gehen einfach unter im schulischen Betrieb. Die Gesellschaft reagiert mit Sonderpädagogik, Fremdplatzierungen, psychiatrischen Behandlungen, Gefängnis. Die Folgen: Ausgebrannte Lehrer, verzweifelte Eltern, überlastete Behörden und enorme Kosten, die kaum quantifizierbar sind, die sich aber auch nicht einfach wegdiskutieren lassen.

Obligate Kurse für Eltern – Warum ja?

Könnten obligatorische Erziehungskurse für Eltern als Präventionsmassnahme hilfreich sein? Damit Mütter und Väter lernen, was Kinder in welchem Alter brauchen, wann sie gefordert – wann sie überfordert sind? Dass Gewalt gegenüber Kindern in der Schweiz verboten ist, auch wenn man selbst der Meinung ist, dass eine Ohrfeige noch nie geschadet habe? Und das Cybermobbing mindestens so verletzend ist wie reales Mobbing?

Die Zeiten ändern sich so rasant, dass das, was für die Eltern noch gut war, für ihre Kinder schon nicht mehr gut ist. Denn: Wer weiss schon, was seine Kinder im Netz treiben, wo sie warum gefährdet sein könnten und ob die Sprösslinge den Unterschied zwischen Game und Realität erkennen?

Obligate Kurse für Eltern – Warum nein?

Während die Kinder obligatorisch in die Schule müssen, wo sie auf lebenslängliches Lernen und ein Mindestmass an gemeinsamen Werten des Zusammenlebens vorbereitet werden und man lange eine Debatte darüber führte, ob Grossmütter einen Kurs machen müssen, wenn sie ihre Enkel betreuen wollen, warum wird von ihren Eltern nicht dasselbe verlangt?

Immer wieder werden von der Politik obligatorische Elternkurse gefordert – und regelmässig abgelehnt. Zum einen, weil es gefährlich ist, ein Obligatorium in aller Konsequenz fertig zu denken: Was tun mit Eltern, die die Kurse verweigern? Ihnen die Kinder wegnehmen? Undenkbar, wo wir doch eben erst begonnen haben, uns mit den traumatischen Erfahrungen der Kinder der Landstrasse, der Verdingkinder und den administrativ verwahrten Kindern zu beschäftigen.

Zum andern würde es auch nichts nutzen, Eltern zwangsweise in Kurse zu schicken. Sie müssten schon wollen, sagen die Fachleute aus der Pädagogik. Zugegeben: Obligatorische Erziehungskurse für Eltern sind nicht das Ei des Kolumbus. Aber vielleicht ein Anstoss, sich Gedanken zu machen, wer in unserer Gesellschaft welche Erziehungsaufgaben hat und welche Art von Erziehung wir überhaupt wollen.

Obligatorische Elternkurse: sinnvoll oder nicht? Diskutieren Sie mit, Ihre Meinung interessiert uns.

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