Bei der Aufnahme neuer Studenten hat jedes der 39 autonomen Colleges, die gemeinsam die altehrwürdige Universität Oxford bilden, seine eigene Prozedur. Immer werden persönliche Gespräche mit den Bewerberinnen geführt.
Doch nicht immer ist das Resultat dasselbe: Das Corpus Christi College, zum Beispiel, hat in den letzten drei Jahren nur einen einzigen schwarzen Schüler zugelassen. Das College bildet insgesamt etwa 350 Studenten aus.
David Lammy, der schwarze Labour-Abgeordnete für den Londoner Stadtteil Tottenham, nannte diese Aufnahmepraxis «soziale Apartheid» . Er beklagte, dass sich letztes Jahr dreissig schwarze Schüler für das Informatikstudium beworben hätten – kein einziger wurde aufgenommen.
Lotterie der Postleitzahlen
Die Universität Oxford, die gemeinsam mit Cambridge und dem University College London (UCL) einen Spitzenplatz in den Weltranglisten der Hochschulen belegt, räumte ein, es sei hier noch ein langer Weg zurückzulegen, obwohl Fortschritte zu verzeichnen seien. Schwarze Bewerber, fügte die Uni hinzu, erfüllten eben oftmals die Bedingungen nicht.
Die Asymmetrie bei der Vergabe der Studienplätze ist ein Symptom der britischen Klassengesellschaft, die sich auch im Bildungswesen zeigt: Das britische, vor allem aber das englische Schulsytem, unterstreicht soziale Unterschiede anstatt sie zu glätten.
Ärmere Wohngegenden, in denen vergleichsweise viele Schwarze leben, haben schlicht schlechtere Schulen. Die Einheimischen nennen das eine Postleitzahlen-Lotterie: Der Wohnort bestimmt über die Aufstiegschancen.
Die Elite stellt wieder die Elite
Gewiss, die Universitäten sind nicht an allem schuld. Schwarze Buben haben oft kaum männliche Rollenvorbilder, schwarzen Eltern geht nicht selten der schulische Ehrgeiz für ihre Kinder ab.
Aber die Aufnahmegespräche in den Elite-Universitäten konfrontieren die Schüler mit einer gänzlich fremden Welt. Sie sind diese Art von Befragung und Hinterfragung nicht gewohnt. Für die Bewerber aus Privatschulen dagegen ist dieser Diskurs Alltag: Sie bewältigen die Bewerbungsgespräche problemlos.
Etwa sieben Prozent aller britischen Kinder gehen in Privatschulen. Aber vierzig Prozent aller Studenten in Oxford und Cambridge kommen aus solchen Privatschulen. Das erklärt, warum die Absolventen von Privatschulen die meisten Richter, Anwältinnen, Politiker und auch Journalisten stellen.
Die Elite erneuert sich aus ihren eigenen Reihen: Konventionen und Traditionen untermauern die Ungleichheit.
Die Schulen sind gefragt
Schulrektoren geben zu, dass sie ihre Schüler besser vorbereiten müssen, dass sie auch das kritische Denken besser vermitteln müssen. Die Universitäten selbst müssen sich aktiver um eine repräsentative Studentenschaft bemühen.
Zum Beispiel, indem sie Sommerlager für Schüler aus Abschlussklassen in unterprivilegierten Gegenden organisieren. Das sind gewissermassen Schnupperlehren, die den Schülern exakt beibringen sollen, was von ihnen im akademischen Umfeld erwartet wird, und was sie umgekehrt erwarten dürfen.
Der Weg zu sozial gerechten und «farbenblinden» Aufnahmeverfahren ist gewiss noch lang, die Universitäten werden nicht allein erfolgreich sein können. Aber es darf nicht sein, dass der Begriff «Elite-Universität» bedeutet, dass hier vornehmlich die Sprösslinge der bestehenden Elite ausgebildet werden.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 29.5.18, 7.20 Uhr