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Frauen und Finanzen – warum kümmern sie sich nicht so gerne wie Männer ums Geld
Aus Kontext vom 13.05.2021. Bild: Unsplash / Alexander Mils
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Finanzen und Vorsorge Warum Finanzfragen in Frauenhände gehören

Frauen trauen sich beim Thema Geld immer noch viel weniger zu als Männer. Wo klemmt's – und wie lässt sich das ändern?

80 Prozent der Frauen sagen über sich selbst, sie kennen sich nicht gut mit Finanzen aus. Bei 70 Prozent der verheirateten heterosexuellen Paare kümmern sich ausschliesslich die Männer um die Familienfinanzen. Und: Laut einer Umfrage einer US-Bank sprechen 61 Prozent der Frauen lieber über ihren Tod als über ihr Geld.

Das sind nur ein paar Studien und Umfragen, die immer wieder zum selben Ergebnis kommen: Frauen setzen sich weitaus weniger gern mit dem Thema Geld auseinander als Männer.

«Geld ist etwas Männliches»

Das komme aus der althergebrachten Stereotypisierung, sagt Professorin Christine Laudenbach von der Universität Bonn. «Geld ist etwas Männliches. Das glauben auch viele Frauen», stellt die Finanzwissenschaftlerin nüchtern fest. Viele Frauen denken, sie verstünden nichts von Geld. In Realität sei ihr Wissen über Finanzen gar nicht schlecht, sagt Laudenbach.

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Das Geld der Frauen
Aus Eco Talk vom 12.11.2018.
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Mit Stereotypen brechen

Um diese Wahrnehmungen zu ändern, müsse man schon in der Schule und in der Erziehung anfangen, sagt Olga Miler. Die Ex-Bankerin und Finanzexpertin ist Mitinhaberin der Coaching-Firma Smartpurse. Das Unternehmen bietet Kurse und Beratungen in Finanzwissen gezielt für Frauen an.

«Der erste und auch der wichtigste Schritt ist eigentlich einfach: Frauen müssen dem Thema Geld Priorität einräumen», sagt Miler. Dem pflichtet auch Olivia Frei von der Frauenzentrale Zürich bei, die Frauen in Finanzfragen berät. «Viele Frauen beginnen viel zu spät, sich um ihr Geld zu kümmern», sagt sie.

Meistens nämlich erst, wenn eine Trennung anstehe. Auch beim Thema Altersvorsorge melden sich Frauen bei der Frauenzentrale spät, oft erst nach ihrem 50. Lebensjahr.

Zwei Frauen vor einem Bancomat.
Legende: «Geld ist etwas Männliches. Das glauben auch viele Frauen», sagt die Expertin. Getty Images / SOPA Images

Etwas Interesse und etwas Zeit

Generell gilt: Man muss keine Finanzexpertin sein, um mitreden zu können. «Es braucht sicher etwas Interesse», sagt Olga Miler von Smartpurse. «Aber das Basiswissen kann man sich in ein paar Stunden aneignen.» In drei Abendkursen lerne man das Wichtigste, um sich selbständig am Markt zu bewegen oder mit Banken fachkundig sprechen zu können.

Finanzwissenschaftlerin Laudenbach sieht das ähnlich: «Man muss keine Bilanzen lesen können, um erfolgreich Geld investieren zu können». Auch müsse man nicht reich sein, ergänzt Olga Miler: «Der billigste Exchange Traded Fund kostet zwölf Franken.» 

Banken behandeln Frauen anders als Männer

Gerade im Umgang mit Banken sei es enorm hilfreich, sich etwas auszukennen. Frauen zahlen bei Bankprodukten oft mehr als Männer. «Ihnen wird gerne das Rundum-Sorglos-Paket empfohlen», stellt Professorin Christine Laudenbach fest. Dies sei oft mit höheren Gebühren verbunden. Auch würden Frauen weniger verhandeln, beispielsweise nicht so oft nach Rabatten fragen wie Männer.

Allerdings wäre vielen Frauen erst mal geholfen, wenn sie sich um ihre Altersvorsorge kümmern würden. Teilzeitarbeit oder Kinderbetreuungszeit frisst Löcher in das eigene Vorsorgekonto. Eine private Vorsorge sei wichtig, da sind sich die drei Frauen einig.

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«Equal Pension Day» – Frauen erhalten ein Drittel weniger Rente
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Private Vorsorge ist essenziell

Gemäss Olga Miler sollte man die dritte Säule am besten anlegen, damit eine ordentliche Rendite rausspringe. Man wird heute älter und die Bedürfnisse im Alter sind anders als früher. «Damit ist der Finanzbedarf auch grösser», sagt Christine Laudenbach. «Die eigenen Eltern oder gar die Oma taugen heute als Rentenvorbild nicht mehr.»

Auch in einer Partnerschaft helfe es, wenn Frauen genau übers Geld Bescheid wissen, sagt Olivia Frei von der Frauenzentrale Zürich. Es sei wie eine Selbstermächtigung: «Es kann einer Beziehung durchaus Auftrieb geben.»

Noch lange ein wichtiges Thema

«Ich hoffe, in zehn Jahren braucht es Firmen wie Smartpurse in der heutigen Form nicht mehr», sagt Firmen-Mitinhaberin Olga Miler. Christine Laudenbach von der Uni Bonn glaubt, dass die Ungleichheiten nicht so schnell verschwinden werden, auch wenn eine Entwicklung stattfinde. «Es hat Zeit gebraucht, diese Stereotypen zu bilden. Es braucht auch wieder Zeit, sie zum Verschwinden zu bringen.»

Bei der Frauenzentrale, erinnert sich Olivia Frei, habe man schon vor 15 Jahren Coaching für Lohnverhandlungen angeboten. «Doch verdienen Frauen heute immer noch weniger als Männer.» Der Gender-Gap beim Thema Finanzen wird uns noch lange beschäftigen – auch darüber sind sich die drei Frauen einig.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kontext, 14.5.2021, 9:05 Uhr

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