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Folge des Massentourismus Venedig soll nicht mehr Weltkulturerbe sein – aus gutem Grund

Die Unesco droht der Lagunenstadt mit einem massiven Imageschaden. Warum das viele Bewohner freut.

Ein Besuch in Venedig gehört zum Standardprogramm einer Italienreise. Damit verdient die Stadt viel Geld.

Glaubt man der Weltkulturorganisation der Vereinten Nationen (Unesco), läuft in Venedig jedoch einiges schief. Die Organisation droht Italien damit, die Stadt auf die schwarze Liste zu setzen. Das wäre der erste Schritt auf dem Weg zum Verlust des Weltkulturerbe-Status.

Diese Stadt leidet!
Autor: Walter Feltrin Hotelier

Vielen Venezianerinnen und Venezianern käme das jedoch gelegen. Denn immer mehr von ihnen haben vom Massentourismus die Nase voll. Selbst Geschäftsleute, die an Touristenströmen verdienen, halten es nicht mehr aus.

«Wir arbeiten im Handel. Dort gilt sonst: Je mehr Touristen kommen, desto besser für uns. Aber diese Gleichung funktioniert im Fall Venedigs nicht mehr», klagt Walter Feltrin.

Der Hotelier gehört zu den Kritikern der aktuellen Situation. «Diese Stadt leidet! Egal, wo wir hingehen: Wir Einwohner können uns nicht mehr normal bewegen, weil alles voller Touristen ist», erklärt er.

Stadtverwaltung stellt sich taub

Fast acht Millionen Touristen besuchen die Lagunenstadt pro Jahr. Kein Wunder, platzt sie aus allen Nähten. Immer mehr Hotels und B&B’s machen sich breit. Wer bleibt, muss sich mit immer höheren Mieten und Wohnungspreisen herumschlagen. Und wer nicht mithalten kann, zieht auf das Festland um.

Touristenmassen an der Lagune in Venedig.
Legende: Flanieren? Unmöglich! Nach einer kurzen Verschnaufpause für die Stadt während der Corona-Pandemie ist Venedig wieder proppenvoll. IMAGO / imagebroker

Dazu kommt, dass die Stadtverwaltung immer mehr Genehmigungen für aufgestockte Etagen auf historischen Gebäuden vergibt. Das führt zu Veränderungen der historisch gewachsenen Skyline Venedigs – was vielen Bewohnern sauer aufstösst.

Wasser bis zum Hals

Und dann das Hochwasser. Rund fünf Milliarden Euro wurden für ein riesiges Schleusenprojekt mit dem Namen «Mose» an den Eingängen der Lagune ausgegeben. Doch bei der Planung scheint man den schnellen Anstieg des Wasserspiegels des Mittelmeers nicht einkalkuliert zu haben. Bei schlechtem Wetter steht immer wieder ein Teil der Stadt unter Wasser.

Das Schleusenprojekt Mose im Meer vor Wenedig.
Legende: Teuer und ineffizient: Das mobile Schleusenprojekt «Mose» soll Venedig vor dem steigenden Meeresspiegel schützen – tut dies jedoch nur unzulänglich. IMAGO / ZUMA Press

Kein Wunder, dass immer mehr Venezianerinnen und Venezianer durchschlagende Massnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität ihrer Stadt einfordern. Viele würden sich nur noch wie Statisten in einem Vergnügungspark fühlen.  

Macht die Unesco ernst?

Jetzt nimmt sich die Unesco der Lagunenstadt an: Im September könnte Venedig auf der Blacklist des World Heritage Commitees landen. Das Komitee kontrolliert für die Unesco den Zustand der Weltkulturgüter. Im Herbst tagt es im saudi-arabischen Riad. Dort könnte es für Venedig zur Sache gehen. 

2017 stand die Stadt schon einmal auf dieser schwarzen Liste. Der Verlust des Weltkulturerbe-Status konnte 2021 allerdings verhindert werden: Venedigs Bürgermeister Luigi Brugnaro, ein Geschäftsmann und Förderer der Tourismusindustrie, entschied zähneknirschend das Aus für Kreuzfahrtschiffe in den Wasserstrassen seiner Stadt.

Bürgermeister Luigi Brugnaro mit Scherpe.
Legende: Der marktliberale Bürgermeister Luigi Brugnaro tut sich schwer mit Einschränkungen für den Tourismus. Die Drohung der Unesco soll nachhelfen. IMAGO/Ukrinform

Doch das Thema Massentourismus und seine Folgen scheint Brugnaro wenig zu interessieren. Er ist auf beiden Ohren taub, wenn seine Bürger protestieren.

Kritiker der aktuellen Situation hoffen deshalb, dass Venedig erneut auf der Blacklist der UNESCO landen wird. Viele sind überzeugt, dass sich vielleicht nur so endlich etwas zum Besseren ändert.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 07.08.2023, 17:10 Uhr

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