Frauen sind auf YouTube in der Minderheit: Erfolgreiche YouTube-Kanäle werden meistens von Männern betrieben. Das zeigt eine neue Studie aus Deutschland.
«Auf eine Frau kommen zwei männliche YouTuber unter den 1000 populärsten YouTubern», sagt Elizabeth Prommer. Die Professorin für Medienforschung an der Universität Rostock hat an einer Studie mitgearbeitet, die die erfolgreichsten YouTube-Kanäle aus Deutschland unter die Lupe genommen hat.
Stereotype Darstellung
Angeschaut wurde nicht nur, ob hinter einem Kanal ein Mann oder eine Frau steht, sondern auch, welche Themen die Videos behandeln. Frauen zeigen sich anders als Männer, sagt Elizabeth Prommer: «Sie stellen sich deutlich stereotyper dar. Die Themen, mit denen Frauen in ihren Videos hantieren, sind Beauty, ‹How To›-Videos, Schönheit und Familie.»
YouTuberinnen entsprechen also einem sehr klassischen Frauenbild. Sie sind mehrheitlich daheim zu sehen, sprechen über ihre Hobbys.
Bei Männern geht es häufiger um den Beruf. Und sie bedienen eine grössere thematische Vielfalt. Ihre Videos befassen sich etwa mit Games, Musik, Sport oder Comedy.
1:2 - im Kino wie im Netz
Auffallend ist, dass sich YouTube damit wenig von klassischen Medien unterscheidet: In einer früheren Studie zeigte Elizabeth Prommer bereits, dass im Kino und Fernsehen das gleiche Verhältnis zwischen Mann und Frau vorherrscht: Auch dort kommen auf eine Frau zwei Männer.
Warum sind sich diese so unterschiedlichen Medien beim Frauenanteil so ähnlich? Anders als in Filmen und im Fernsehen gibt es bei YouTube keine Instanzen, die darüber entscheiden, welche Inhalte zu sehen sind. Jeder kann alles hochladen.
Die Zwänge des Mediums
Um das herauszufinden, haben Prommer und ihre Kolleginnen im zweiten Teil ihrer Studie mit 14 YouTuberinnen gesprochen. Dabei stellte sie fest, dass eben auch auf YouTube nicht völlige Freiheit herrscht: «Da zeigen sich starke Produktionszwänge und Mechanismen des Mediums YouTube. So ist es zum Beispiel viel einfacher, sich zu refinanzieren, wenn ich Beauty mache. Das ist für die Werbeindustrie viel einfacher.»
Das heisst: Die klassischen Frauenthemen sind für die Werbeindustrie oft interessanter, weil sie eine klar umrissene Zielgruppe erwarten lassen.
Beauty-Videos bieten zum Beispiel eine klare Zielgruppe: junge Frauen, die sich für Make-Up interessieren – solche Zuschauerinnen sind für Kosmetik-Firmen interessant.
Doch auch das Publikum habe zum Teil solche stereotypen Erwartungen, hat Pommer festgestellt. Welcher Einfluss stärker ist – jener des Publikums oder jener der Werbetreibenden – lässt sich nicht genau sagen.
Die Vielfalt sichtbar machen
Was müsste sich ändern, damit YouTube ein vielfältigeres Frauenbild zeigt? Die Vielfalt sei eigentlich da, sagt Prommer und verweist als Beispiel auf die deutsche Wissens-YouTuberin Mai Thi Nguyen-Kim .
«Diese Vielfalt muss nun sichtbar gemacht werden. Zum Beispiel mit Förderpreisen, oder indem darüber berichtet wird», sagt Prommer.
Auch wünscht sie sich Freiräume, in denen Inhalte nicht von Werbetreibenden beeinflusst werden: «Wir bräuchten eine Finanzierung, die nicht so unmittelbar an die Werbeeinnahmen gekoppelt ist.»
Prommer selbst will in einem nächsten Schritt für mehr Klarheit sorgen: Sie will die Nutzer der YouTube-Kanäle erforschen. Wenn man genauer weiss, was das Publikum will, dann lässt sich auch der Einfluss von YouTube genauer erkennen.